„Hurry Up Tomorrow“ ist der neue Film von Regisseur Trey Edward Shults. Ein Werk, welches bereits durch die Mischung aus Musikfilm, Psychothriller und Horrorfilm auf sich aufmerksam macht. Ein prominenter Cast, unter anderem durch den Sänger The Weeknd, schürt weiteres Interesse. Das Ergebnis ist künstlerisch, verkopft und einzigartig. Was das genau bedeutet und ob der Film sehenswert ist, erfahrt ihr in dieser Filmkritik.
Ein Beitrag von: Florian
Worum geht es in „Hurry Up Tomorrow“?
Der Film „Hurry Up Tomorrow“ erzählt die Geschichte von Abel (The Weeknd), einem erfolgreichen Musiker, der unter Schlaflosigkeit leidet und sich in einer existenziellen Krise befindet. Als er eines Abends auf eine mysteriöse Fremde namens Anima (Jenna Ortega) trifft, beginnt eine surreale Reise, die seine Wahrnehmung der Realität und seine Selbstwahrnehmung auf die Probe stellt. Die Handlung ist geprägt von psychologischer Tiefe und einer intensiven Auseinandersetzung mit inneren Konflikten.
Der Film wurde von Trey Edward Shults inszeniert, der auch das Drehbuch gemeinsam mit Reza Fahim und The Weeknd schrieb. Produziert wurde der Film von Reza Fahim, Harrison Kreiss, Kevin Turen und The Weeknd. Die Dreharbeiten fanden in den USA statt, und die Filmmusik wurde von The Weeknd und Daniel Lopatin komponiert. Der Film ist eng mit The Weeknds gleichnamigem Album verknüpft, das als Abschluss seiner musikalischen Trilogie dient. Lionsgate sicherte sich die weltweiten Vertriebsrechte, und der Film wird am 15. Mai 2025 in Deutschland veröffentlicht.
„Hurry Up Tomorrow“ ist ein eigenwilliger Musikfilm
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Musikfilme, die versuchen sich den gängigen Genrekonventionen zu entziehen, sind dieses Jahr keine Besonderheit mehr. Mit „Kneecap“, „Better Man – Die Robbie Williams Story“ oder auch „Piece by Piece“ erschienen bereits mehrere Musikerbiopics in den Kinos, die durch kleinere oder größere Details hervorstachen. Trey Edward Shults, der durchaus schon den ein oder anderen Regieerfolg feiern konnte, wagt sich hier nun an ein ganz neues und mutiges Experiment im Genre der Musikfilme.
„Hurry Up Tomorrow“ ist zwar kein Biopic, aber dennoch steht ein Künstler im Vordergrund. Dies ist der Film von The Weeknd, der Kunstfigur des Sängers Abel Tesfaye. Dieser hatte bereits verlauten lassen, dass es nach dem im vergangenen Januar erschienen Album keine weitere Musik von The Weeknd geben würde. Die Kunstfigur The Weeknd ist tot und der Film „Hurry Up Tomorrow“ beerdigt diese. Wie es für Abel Tesfaye weitergeht, ist bis dahin unklar. Seine Karriere ist noch nicht zu Ende. Bleibt die Frage offen, ob er sich ein neues Pseudonym erdenkt oder fortan unter seinem bürgerlichen Namen aktiv sein wird.
Ein verstörender Blick auf die dunklen Seiten des Star-Daseins
Diese künstlerische Vision, welche offensichtlich von Tesfaye stammt, fühlt sich wie eine Abrechnung an. Eine Abrechnung mit dem Dasein als Star. Nach außen sind sie schillernde Vorbilder und baden im Jubel. Doch das Innerste dieser Menschen bleibt dabei unsichtbar. Tesfaye und Shults versuchen einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und zeichnen ein, zwar nicht neues, aber glaubhaftes Bild der dunklen Seite des Berühmtseins.
Der Sänger im Film kämpft mit seinen eigenen Gefühlen. Eine Beziehung ging zu Bruch und auch seine Stimme hält den ewigen Strapazen kaum noch stand. Nur sein Berater verhindert eine Auszeit und drängt ihn immer weiterzumachen. Ein weiter so bis das Unausweichliche geschieht. Bis es so weit kommt, zeigt „Hurry Up Tomorrow“ exzessiven Drogen- sowie Alkoholkonsum. Denn darin scheint der einzige Weg zu bestehen, um weiterhin über die eigenen Grenzen zu gehen. Die schillernde Hülle entpuppt sich als inneres Wrack.
The Weeknd führt in „Hurry Up Tomorrow“ einen Kampf gegen sich selbst
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Auf den ersten Blick mag dies danach klingen, als würde der Abel im Film eine klassische Opferrolle einnehmen. Die Einflüsse, der Druck, die Menschen um ihn herum machen ihn krank. Glücklicherweise macht es sich der Film aber nicht so leicht. Abel ist kein unschuldiges Opfer. Geschildert wird die Abwärtsspirale eines Menschen, der diese erst dadurch zulässt, dass er mit sich selbst nicht im Reinen ist. „Hurry Up Tomorrow“ entpuppt sich somit auch noch als Abrechnung mit The Weekend selbst.
Der schillernde Star ist kein Sympathieträger. Abel vegetiert lustlos vor sich hin und macht nicht wirklich die Anstalten sich selbst zu ändern, um seiner Misere zu entfliehen. Der Verdacht, dass Abel in seiner gescheiterten Beziehung selbst der Täter war, wird zwar nie bestätigt, jedoch mehrfach verstärkt. Nicht nur beruflich, auch menschlich steht der Musiker vor dem Aus und muss sich ändern um nicht untergehen. Dies ist der Ausgangspunkt für eine mutige, traumatisierende und mit Horrormomenten gespickten Reise in den eigenen Verstand.
Abel Tesfaye spielt sich selbst und ist dabei gewöhnungsbedürftig
Passend hierzu spielt Abel Tesfaye die Hauptfigur, also sich oder eher gesagt seine Kunstfigur, selbst. Für Euphorie dürfte das nicht sorgen, denn Tesfaye wurde in der Vergangenheit für sein Schauspiel belächelt. Nur dürfte das kein Problem sein, da er hier ja nicht wirklich schauspielern muss. Dennoch ist seine Darstellung befremdlich. Tesfaye wirkt leblos und besitzt keinerlei Ausstrahlung. Allerdings trifft das auch auf seine Bühnenauftritte zu. The Weeknd scheint also auch im wahren Leben keine Ausstrahlung zu haben. Aus dieser Perspektive wirkt seine Performance dann auf irgendeine schräge Weise wieder ehrlich und passend.
Für gutes Schauspiel sind eher die Nebendarsteller verantwortlich. Barry Keoghan in seltsamen Filmen zu sehen ist mittlerweile keine Überraschung mehr, dass er die normalste Rolle innehat, schon. Genau das wirkt erfrischend. Highlight ist aber Jenna Ortega. Zurzeit ist sie in vielen Produktionen zu sehen. Auch wenn diese durchwachsen sind, sie überzeugt meist. So auch hier. Ortega beeindruckt mit einer starken Präsenz und verleiht ihrer undurchsichtigen Figur die passende Portion Mystik.
Das Herzstück von „Hurry Up Tomorrow“ ist die Musik
Im eigentlichen Mittelpunkt steht aber, wie nicht anders zu erwarten die Musik von The Weeknd. Nicht grundlos ist der Film nach seinem letzten Album benannt. Und so erhält der Zuschauer auch mehrere ausladende Konzertszenen, die eigentlich als vollwertige Musikvideos taugen. Darüber legt sich noch ein eigen williger Score, welcher das Unwohlsein, welches beständig heraufbeschworen wird, perfekt untermauert.
Nun sind die Songs aber tatsächlich nicht nur reine Staffage. Shults und Tesfaye haben sie clever mit der Geschichte verwoben. Dadurch werden verschiedene Fragestellungen aufgeworfen. Wie viel Künstler steckt in seiner Musik? Ist die Musik die Folge eines Lebensweges? Verarbeitet ein Musiker in seinen Songs seine eigenen Verfehlungen? Was sagt all dies über den Künstler aus? Klare Antworten gibt der Film nicht, aber verschiedene Denkansätze. So werden die Songtexte im Finale bis ins kleinste Detail untersucht und sogar verbildlicht.
Eine ambitionierte und artifizielle Inszenierung

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Inwiefern „Hurry Up Tomorrow“ hierbei die erzählerische Vision von Trey Edward Shults ist, werden wir wohl nie erfahren. Alles wirkt so sehr auf Tesfaye zugeschnitten, dass aller Wahrscheinlichkeit nach, die komplette kreative Vermutung bei ihm zu suchen und zu finden ist. Dennoch erhält Trey Edward Shults die Möglichkeit sich in diesem Film künstlerisch auszutoben. Die Inszenierung liegt in seiner Hand, trägt seine Handschrift und weist eine Experimentierfreudigkeit, die man im gegenwärtigen Kino in dieser Ausführlichkeit nur selten zu Gesicht bekommt.
Shults spielt mit der Kamera. Er nimmt den Zuschauer mit auf eine Entdeckungsreise in die Mannigfaltigkeit filmischer Mittel. Andauernd wechselt das Bildformat. Mal ist das Bild eng, mal komplett geöffnet. Das kann man als unnötige Spielerei abtun, die andere Möglichkeit besteht darin, nach einer Bedeutung zu suchen. Jeder Kunstgriff ist in gewisser Weise überlegt und fußt auf einer versteckten Substanz. Auf diese Weise zieht die Kamera das Publikum in die Leinwand hinein und entwickelt einen Sog. Das Innenleben der Hauptfigur wird visualisiert. Es ist leer, still, beängstigend und verstörend. Gemeinsam mit Abel muss ein Ausweg gefunden werden.
Ein Film, der sich nicht für die breite Masse eignet
Obwohl ich mich bisher in dieser Kritik kaum direkt negativ zu dem Film äußerte, ist die Sichtung mit Vorsicht zu genießen. Ein Blick auf die weltweite Rezeption bestätigt. An nahezu allen Stellen fällt „Hurry Up Tomorrow“ gnadenlos durch. Ein Werk, das belächelt und über das gelästert wird. Der Grund dafür ist offenkundig. „Hurry Up Tomorrow“ richtet sich nicht an die breite Masse. Nur ist die das Zielpublikum. Der Psychothriller zieht Fans des Künstlers in die Säle. Diese wollen mehr von ihrem Idol sehen und bekommen stattdessen einen verkopften Albtraumtrip.
Wer nach Unterhaltung im Kinosaal strebt, wird von Abel Tesfaye und Trey Edward Shults schwer enttäuscht. Dazu scheint das Werk nicht gedacht zu sein und entzieht sich gekonnt gängigen Konventionen. Sowohl einen klaren Spannungsaufbau als auch eine Erzählung mit rotem Faden vermisst man. Das Vergnügen ist rein intellektuell. Man versetze sich zurück in den schulischen Deutschunterricht und erinnere sich an die verhassten oder geliebten Gedichtanalysen. Das ist auch dieser Film. Er verlässt sich allein auf die Freude am Analysieren und Interpretieren. Dass vielleicht nicht alles einen Sinn ergibt und nicht jede Spielerei gefällt, muss dabei in Kauf genommen werden.

Fazit zu „Hurry Up Tomorrow“:
Das Ende von The Weeknd ist ein mutiges und zugleich anstrengendes. Tesfaye und Shults nehmen das Publikum mit auf eine einzigartige und verstörende Reise in die menschliche Psyche. Das Ergebnis beeindruckt mit inszenatorischem Einfallsreichtum, wummernder Musik und mannigfaltigen Möglichkeiten der Interpretation. Das Schauspiel des Hauptdarstellers hingegen bleibt gewöhnungsbedürftig und wird für viele wohl nicht der einzige Störfaktor bleiben. Dennoch ist „Hurry Up Tomorrow“ als Gesamtes in meinen Augen ein mutiges und bemerkenswertes Experiment.
Werdet ihr euch „Hurry Up Tomorrow“ im Kino ansehen?
TRAILER: ©Wild Bunch Germany

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FLORIAN – Filmkritiker
Meine Leidenschaft begann wohl schon recht früh in meiner Kindheit, als ich erstmals die Karl May Verfilmungen der 60er Jahre von Rialto Film sah. Daraufhin erforschte ich klassische und modernere Filmreihen von Star Wars bis hin zum Marvel Cinematic Universe. Irgendwann wurde aus der Lust nach Abenteuer und Action eine Liebe zum Medium Film, die mich auch abseits der berühmten Blockbuster auf faszinierende Reisen schickte. Seit Juli 2020 bin ich auf Letterboxd aktiv und erweitere seither meinen Horizont beständig. Daraus entwickelte sich seit der Sichtung von „RRR“ und dem Kinobesuch von „Jawan“ eine Liebe für das indische Kino. Offen bin ich abseits dessen für nahezu alle Jahrzehnte und Genres, lediglich amerikanischen Komödien bleiben ich am liebsten fern.
Pressematerial: Hurry Up Tomorrow | 2025 ©Wild Bunch Germany
2 Kommentare
Danke für die Vorstellung dieses Films, den ich mir aber wahrscheinlich nicht ansehen werde, da mich weder Beschreibung noch Trailer vom Hocker hauen. Auch wenn mir die Musik von The Weeknd in Teilen zusagt. Aber das macht für mich noch lange keinen guten Film aus – so wie den von dir angesprochenen Film „Kneecap“ , der auch nichts für die breite Masse war.
Den fand ich übrigens schon beim Trailer mitreißend und habe ihn mir Anfang des Jahres auch tatsächlich angesehen, obwohl HipHop mir so überhaupt nicht liegt. Aber was soll ich sagen? Mir hat „Kneecap“ richtig gut gefallen.
@blaupause7
Wenn dich Trailer und Beschreibung nicht interessieren, dann würd ich auch nicht zu dem Film raten. Der fühlt sich am Ende noch zielloser an, als der Trailer vermuten lässt, auch wenn ich das irgendwie mochte. Habe zu The Weeknd allerdings auch gar keine Verbindung gehabt und sehe den Film nur aus filmischer Perspektive.
„Kneecap“ fand ich da noch deutlich zugänglicher und den mochte ich auch noch ein gutes Stück mehr, obwohl ich, wie du, mit Hip-Hop nichts anfangen kann. Freut mich, dass dir „Kneecap“ gefallen hat.