Wilhelm Tell – Filmkritik

Filmabend-Szene mit einer Filmklappe, einer Schale Popcorn und einem Foto von Wilhelm Tell mit Armbrust. Der Hintergrund ist ein Holztisch, dekoriert mit Federn und einer Tafel mit dem Schriftzug „FILM“. Ein Mann mit einer Armbrust zielt aus dem Bild heraus. Das Bild ist das Titelbild zur Filmkritik zum Film "Wilhelm Tell"

„Wilhelm Tell“ (Originaltitel „William Tell“) ist seit langem mal wieder ein groß angelegter europäischer Historienfilm. Die britisch-italienisch-schweizerische Koproduktion nimmt sich dabei eines wohlbekannten Stoffes an, insbesondere durch das Theaterstück von Friedrich Schiller. Ob diese Verfilmung der Sage etwas taugt könnt ihr in meiner Kritik nachlesen oder in unserem fünften Podcast nachhören.
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Ein Beitrag von: Maddin

Worum geht es in „Wilhelm Tell“?

Der Film „Wilhelm Tell“ erzählt die Geschichte des legendären Schweizer Freiheitskämpfers Wilhelm Tell (Claes Bang), der sich gegen die tyrannische Herrschaft des Habsburgerkönigs Albrecht (Ben Kingsley) auflehnt. Als Tell einem fliehenden Bauern Schutz gewährt, gerät er in den Konflikt mit dem brutalen habsburgischen Statthalter Gessler (Connor Swindells). Die Unterdrückung der Schweizer Bevölkerung und die Bedrohung seiner Familie zwingen Tell dazu, sich dem Widerstand anzuschließen und eine Rebellion anzuführen, die Geschichte schreiben wird.

Die Sage von Wilhelm Tell und Friedrich Schiller

Wilhelm Tell reitet auf einem Pferd.
Wilhelm Tell – Held oder Tyrannenmörder? — Wilhelm Tell | 2025 © SquareOne Entertainment | Free Turn Films | Tempo Productions | Beta Cinema
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Wilhelm Tell ist eine Sagengestalt, die tiefverwurzelt ist in der Schweizer Geschichte. Die Figur wird bereits im 15. Jahrhundert erwähnt und seine Geschichte wird in das Jahr 1307 datiert. Friedrich Schiller (1759-1805) kommt im Gespräch mit Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) auf die Idee ein Theaterstück über seine Sage zu schreiben. Ursprünglich will Goethe etwas dazu schreiben, doch dieser verliert schnell das Interesse. Und so nimmt sich Schiller wohl um 1801 selbst dem Stoff an. Im Februar 1804 konnte er dann das Stück beenden. Da er bereits am 9. Mai 1805 stirbt ist dies sein letztes großes Werk.

Ich habe das Theaterstück tatsächlich in Vorbereitung auf den Film gelesen und es gefällt mir sehr gut. Es ist jedenfalls auch heute noch gut zu lesen und spannend. Besonders natürlich die zentrale Apfelszene ist sehr spannend erzählt und inszeniert. Aber auch bestimmte moralische Fragen, die aufgeworfen werden sind spannend. Ist Tyrannenmord legitim? Gibt es unterschiedliche Abstufungen? Schiller lässt seinen Tell nämlich auch in ein Zwiegespräch mit einem Kaisermörder treten.

Visuell eine Wucht

Gessler steh mit einigen Soldaten in mittelalterlicher Rüstung neben Barrikaden.
Gessler ist bereit alles zu tun, um die Herrschaft der Österreicher zu verteidigen. — Wilhelm Tell | 2025 © SquareOne Entertainment | Free Turn Films | Tempo Productions | Beta Cinema

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Klar ist, dass ein Film anders funktioniert als ein Theaterstück. Während zentrales Element von Schillers Buch die Gespräche sind, ist beim Film der Schwerpunkt mehr auf die Dramatik der Handlung und natürlich die Action gelegt.

Letztere funktioniert sogar erstaunlich gut und es gibt auch ein paar größere Schlachtszenen die sehr ordentlich aussehen. Das liegt auch an der sehr schönen historischen Ausstattung und den Kostümen. Hinzukommt, dass der Film auch relativ brutale Kämpfe hat (sage nur Sense), die mich durchaus beeindrucken. Zwar sind sie teilweise zerschnitten, aber trotzdem noch ziemlich gut. Jedenfalls schafft es der Film mich größtenteils visuell zu überzeugen. Kein Wunder hat der britisch-italienisch-schweizerische Film ein Budget von 45 Millionen Dollar, was für eine europäische Produktion relativ viel ist.

Ein bisschen aus dem Raster fallen hier leider viele Szenen am und auf dem Vierwaldstättersee. Hier ist deutlich zu sehen, dass der „See“ aus der digitalen Dose kommt und sie die Szenen vermutlich alle im Studio oder zumindest vor einem Green Screen gedreht haben.

„Wilhelm Tell“ nimmt sich künstlerische Freiheiten

Wilhelm Tell und seine Frau Suna umarmen sich. Im Hintergrund sind Soldaten zu sehen.
Wilhelm Tell in inniger Umarmung mit seiner Frau Suna. — Wilhelm Tell | 2025 © SquareOne Entertainment | Free Turn Films | Tempo Productions | Beta Cinema
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Während die erste Hälfte relativ nah am Buch ist, weicht der Film in der zweiten Hälfte an zentralen Stellen vom Buch ab. Diese Abweichungen gefallen mir mal mehr, mal weniger gut. Grundsätzlich finde ich es sehr gut, dass hier Frauenfiguren eine deutlich aktivere Rolle haben. In Schillers Version sind Frauen auch zentral, allerdings nur als Beraterinnen ihrer Männer. Selbst handeln tun sie dort nicht. Daher finde ich es schon mal sehr gut, dass diese moderne Produktion den Frauen mehr Raum und Aktivitäten zugesteht. Das sowas in der Schweiz nicht selbstverständlich ist, zeigt das erst im November 1990 (!) in allen Kantonen der Schweiz eingeführt Frauenwahlrecht.

Problematisch sind dagegen Änderungen an zwei zentralen Szenen des Theaterstücks. Die Ampfelschussszene und der Tyrannenmord an Gessler sind hier deutlich anders umgesetzt. Die Szene mit dem Apfel wirkt im Film deutlich zu überladen und auch die Herleitung ist nicht so gut gelungen wie im Theaterstück in meinen Augen. Ständig tauchen im Film in der Szene neue Figuren auf, die irgendwie mitmischen wollen und es passiert einfach viel zu viel. Ein bisschen mehr Ruhe hätte dem ganze gut getan, um die Dramatik des Schusses mehr Raum zu geben.

Der Tyrannenmord…

Im Theaterstück von Schiller wie auch in der Sage will sich Tell an Gessler rächen und lauert ihm in einer Schlucht auf. Dort erschießt er ihn dann kaltblütig aus dem Hinterhalt. Diese Szene ist im Film… anders. Ich will nicht spoilern, daher verrate ich nicht mehr. Falls ihr mehr über den Film (auch mit Spoilern) erfahren wollt, kann ich euch nur herzlichst unsere fünfte Podcast-Folge ans Herz legen.

Gut finde ich dagegen, dass die Figur des Gessler im Film deutlich gerissener, brutaler und auch aktiver ist. Im Theaterstück ist er im Grunde ein Beamter, welcher einfach die Befehle von oben durchreicht. Er macht im Grunde also nur seinen Job. Im Film ist er ein ziemlich verschlagenes Arschloch, dass sich aus so einigen Situationen herauswindet und auch sehr brutal gegen die Zivilbevölkerung vorgeht. Der britische Schauspieler Connor Swindells passt hier auch gut und macht einen hervorragenden Job.

Unerklärliche Schnitte bei „Wilhelm Tell“

Wilhelm Tell und seine Frau Suna brüllen etwas. Um sie herum weitere Widerstandskämpfer.
Die Schweizer:innen geben sich kämpferisch. — Wilhelm Tell | 2025 © SquareOne Entertainment | Free Turn Films | Tempo Productions | Beta Cinema
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Generell muss ich die Besetzung hier loben, denn die funktioniert allesamt gut bis sehr gut. Claes Bang als Tell gefällt mir echt gut. Er bringt die innere Zerissenheit gut herüber. Sein Tell ist auch deutlich aktiver und mehr an den Geschehnissen beteiligt als im Theaterstück. Auch finde ich den neuen Hintergrund mit seiner arabischen Frau und seinem adoptierten Sohn sehr interessant. Tell war hier nämlich ein Kreuzritter, konnte aber irgendwann die grausigen Taten nicht mehr mit ansehen und wendet sich gegen seine eigenen Leute. Auch Golshifteh Farahani als seine Frau Suna überzeugt ebenfalls als starke und emotional-bewegende Frauenfigur.

Apropos Frauen: Es gibt eine Belagerungsszene einer Burg in der die Frauen eine zentrale Rolle spielen, nur leider ist diese Szene komisch zerschnitten. Die Szene fängt an mit dem Plan, den sie schmieden. Die Frauen wollen sich dabei auf die Burg schmuggeln, da dort ein Fest stattfindet. Sobald sie im Inneren sind, wollen sie dann die Tore von innen öffnen. Die Szene beginnt und endet abrupt mit einem Cliffhanger. Erst einige Minuten später wird sie fortgesetzt, als Suna Tell dann erzählt was bei der Schlacht passiert ist. Problem dabei ist nur, dass dieser Schnitt sehr viel von der Spannung herausnimmt.

Der Apfelschuss: Wilhelm Tells Sohn mit dem Apfel auf dem Kopf von hinten. Links von ihm in der Ferne steht Tell mit der Armbrust und zielt.
Der Apfelschuss: Tells Sohn Walter (Tobias Jowett) mit einem Apfel auf dem Kopf steht an einem Holzpfosten. | Wilhelm Tell
Wilhelm Tell (Claes Bang) mit Bertha (Ellie Bamber)
Gessler (Connor Swindells) hat Wilhelm Tells Sohn Walter (Tobias Jowett) gefangen genommen
Gertrude (Emily Beecham)
Rudenz von Attinghausen (Jonah Hauer-King) und seine Mitstreiter verbünden sich.
Bertha (Ellie Bamber) sitzt in einer Kutsche
Wilhelm Tell (Claes Bang) mit seiner Frau Suna (Golshifteh Farahani)
Gertrude (Emily Beecham) | Wilhelm Tell
Attinghausen (Jonathan Pryce)
Bertha (Ellie Bamber) | Wilhelm Tell

Fazit zu „Wilhelm Tell“

Licht und Schatten. Ja, die Action knallt, die Kämpfe sind schön brutal und die Geschichte insgesamt packend. Auch die Schauspielenden überzeugen die meiste Zeit sowie die hübsche Ausstattung des Films. Allerdings gibt es einige fragwürdige Drehbuchentscheidungen und Abweichungen vom Buch die das insgesamt gute Gesamtbild etwas trüben. Auch sind die stark CGI-geprägten Szenen auf dem See leider etwas hässlich.

Daher vergebe ich gut gemeinte 6,5 von 10 Punkten.

Werdet ihr euch „Wilhelm Tell“ im Kino ansehen?


TRAILER: © SquareOne Entertainment | Free Turn Films | Tempo Productions | Beta Cinema

Das Bild listet Cast und Crew des Films "Wilhelm Tell" auf

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Passion of Arts Maddin

 

Pressestimmen zu „Wilhelm Tell“:

Toni Schindele von Der Film Journalist
Opulent bebildert, handwerklich solide, atmosphärisch wuchtig und von Blockbuster-Pathos durchdrungen ist Nick Hamms „Wilhelm Tell“ ein erzählerisch generisches Abenteuer-Spektakel, das nur wenig mit seiner selbst zitierten Vorlage gemein hat. Wer actiongeladenes Popcorn-Kino sucht, dürfte hier unterhalten werden, wer die Geschichte von Wilhelm Tell erfahren will, eher nicht.

Lida Bach von MovieBreak.de
Mit seinen melodramatischen Rezitativ-Dialogen, hölzernen Historienkolorit und namhaften Schauspielenden ist Nick Hamms opulentes Schiller-Spektakel der typische Spielfilm für den Schulunterricht. Statt den Stoff modern zu interpretieren oder zeitkritisch zu reflektieren, erschöpft sich sein überlanges Kinotheater in verstaubter Verklärung. Zwar sind die idyllischen Naturkulissen schön anzusehen, doch Atmosphäre entsteht ebenso wenig wie Dramatik. Die bekannte Apfelschuss-Episode, die der Spannungshöhepunkt sein sollte, gerät zur Randnotiz des überlangen und unnötig verschachtelten Plots. Das symbolische Potenzial des Titelhelden in einer Zeit sozialer und politischer Spaltung verkennt das schale Lehrbuch-Drama. 4.5 von 10 Punkten.

Walter Gasperi von film-netz.com
Actionreiche Szene reiht sich bei diesem Schlachtengemälde vielmehr an actionreiche Szene, aber wie bei den Figuren wird auch bei der Handlungsentwicklung zu wenig ausgearbeitet und verdichtet, um wirklich durchgängig zu packen. Wirklich ärgerlich ist aber das Finale, mit dem schon ein potentielles Sequel vorbereitet wird.

Eine RiMa Koproduktion | Pressematerial: Wilhelm Tell | 2025 © SquareOne Entertainment | Free Turn Films | Tempo Productions | Beta Cinema

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