„Metropolis“ ist DER klassische deutsche Film schlechthin. Er erlangte weit über Deutschland hinaus Bekanntheit und wird noch heute als Meisterwerk gefeiert. Doch kann der Film auch fast 100 Jahre nach seinem Erscheinen noch diese Erwartungen erfüllen?
Ein Beitrag von: Maddin
Worum geht es in „Metropolis“?
„Metropolis“ ist ein deutscher Science-Fiction-Film von 1927, der von Fritz Lang inszeniert wurde. Der Film spielt in einer futuristischen Stadt, die in zwei Welten unterteilt ist: Die oberirdische Welt der Reichen und Mächtigen und die unterirdische Welt der Arbeiter, die die Maschinen betreiben und unter harten Bedingungen leben.
Die Handlung konzentriert sich auf Freder, den Sohn des Herrschers von Metropolis, und Maria, eine Frau aus der Arbeiterklasse, die sich für die Rechte der Arbeiter einsetzt. Freder entdeckt die Ungerechtigkeiten, die in der Stadt herrschen, und beginnt, sich für die Arbeiter einzusetzen. Maria predigt von einer friedlichen Verbindung zwischen den beiden Welten durch einen „Mittler“, der Herz und Verstand vereinen soll.
Metropolis: Ein abenteuerliches Meisterwerk
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„Metropolis“ war bereits zu seiner Zeit als groß angelegte Antwort der deutschen Filmindustrie auf die Hollywood-Blockbuster angelegt. So wurden etwa 30.000 Statist:innen aus armen Berliner Vororten eingesetzt. Insgesamt waren um die 40.000 Leute am Film beteiligt. Es wurden insgesamt 2 Mio. Meter Film abgedreht von denen am Ende aber nur knapp 5.000 Meter im fertigen Film landeten. Das war natürlich alles nicht besonders billig. Dadurch explodierte das Budget auf 10 Millionen Goldmark und der Film war vermutlich nie kostendeckend.
Die Version von 1927 war tatsächlich auch nicht die ursprüngliche Version. Zunächst war als Grundthema angedacht, dass Wissenschaft und Okkultes gegeneinander antreten würden mit Feuern, Geistern und Untoten, welche aus dem Boden von Metropolis herausbrechen sollten. Doch Fritz Lang schnitt all diese Szenen später aus dem Film, da es ihm damals als nicht angemessen erschien. Dies sagte er zumindest später in einem Interview. Daher auch die enorme Diskrepanz zwischen abgedrehtem und eingebautem Filmmaterial.
Ein Jahrhundertfund in Argentinien
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Apropos Filmlänge: Bei der Uraufführung 1927 im Friedrichstadtpalast in Berlin sahen die Zuschauer:innen eine 150 Minuten lange Version. Diese Version ging jedoch im Laufe der Zeit verloren und es blieb nur die für den amerikanischen Markt stark gekürzte 120-Minuten-Version erhalten. Der Schere zum Opfer fiel u.a. die Rivalität zwischen Rotwang und Joh Fredersen um Hel (der Mutter von Freder Fredersen). Auch das Finale wurde wohl ziemlich heruntergekürzt, insbesondere der Teil mit der überfluteten Stadt.
Doch heute können wir wieder (fast) die Ursprungsversion in voller Länge bestaunen. Dies verdanken wir dem Fund der ursprünglichen deutschen Version im Jahr 2008 in einem kleinen Filmarchiv in Buenos Aires. Die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung restaurierte daraus dann in Zusammenarbeit mit einigen anderen Filminstituten die heute vollständigste Version. Nur eine längere Szene fehlt, bei der Rotwang und Joh Fredersen miteinander ringen. Leider war die Kopie im Archiv von einer alten Nitrat-Version erstellt worden, welche vorher nicht gereinigt worden war, daher gibt es ein paar Bildfehler. Das ist aber zu verschmerzen.
Metropolis: Visuell ein Meisterwerk
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Optisch bläst mich der Film auch heute noch weg. Gerade die Zeichnungen von der riesigen Stadt Metropolis beeindrucken. Auch wenn mich einige Einstellungen von der Stadt an die Pläne der Nazis für die „Welthauptstadt Germania“ erinnern. Insbesondere das Stadion in dem sich die reichen Söhne im Wettkampf messen. Wobei das vielleicht kein Zufall ist, denn Hitler und Goebbels sollen wohl große Fans des Films gewesen sein. Auch die Drehbuchschreiberin und damalige Ehefrau von Fritz Lang, Thea von Harbou, war später bekennende Nationalsozialistin. Fritz Lang emigrierte dagegen 1933 zunächst nach Frankreich und dann in die USA, da er nicht mit den Nazis zusammenarbeiten wollte.
Jedenfalls beeindrucken die riesig anmutenden Kulissen auch heute noch. Besonders hervorstechen hier die „Moloch-Maschine“ und die „Herz-Maschine“ sowie die Stadt der Arbeiter:innen, welche durch echtes Wasser geflutet wird. Die tausenden Statist:innen mussten dafür zwei Wochen im Wasser drehen. Hierdurch soll wohl auch mindestens eine Person an den Folgen einer Erkrankung gestorben sein. Ebenfalls beeindruckend ist die Weitsicht von Fritz Lang, denn im Film gibt es bereits Video-Telefonie.
Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein.
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Das ist das Motto des Films. Was aber gleichzeitig auch direkt den Kern des Problems darstellt, denn an sich schneidet der Film einige sehr spannende Themen an. Noch heute treiben uns Themen wie Schwierige Arbeitsbedingungen, die Rolle von künstlicher Intelligenz und ungleiche Verteilung von Reichtum um. Metropolis ist für die Oberschichte eine Utopie, für die Unterschicht eine Dystopie. Beide Seiten sind von einander abhängig. Wobei ich sagen würde, dass die Arbeiter:innen weniger abhängig sind von Joh Fredersen und den reichsten 100 als andersherum. Joh weiß um die Unzufriedenheit unter seinen Arbeiter:innen, aber statt diesen entgegenzukommen versucht er mittels eines Androiden die Arbeiter zur offenen Revolte aufzustacheln, nur um dann gegen sie vorgehen zu können.
Die Arbeiter revoltieren und zerstören dabei viele der Maschinen an denen sie Tag für Tag schuften müssen, an manchen sogar rund um die Uhr. Doch der Film findet dann kein gutes Ende um den Konflikt aufzulösen. Ein einfacher Handschlag zwischen dem Vorarbeiter und dem Industriemagnat reicht aus, um diesen massiven Konflikt zu überwinden. Das wirkt im ersten Augenblick albern, aus dem Kontext des Films und vor allem von Fritz Lang ist dies aber verständlich. Wir befinden uns in einer Zeit der Konflikte und Lang wollte wohl einen Weg aus dieser Misere heraus aufzeigen. Doch selbst zu seiner Zeit wurde der Film für diese Einfachheit kritisiert.
Metropolis glänzt mit beeindruckenden Schauspielleistungen
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Diese Schwäche in der grundsätzlichen Handlung gleicht der Film aber nicht nur durch seine fantastische Optik aus, sondern auch mit einer exzellenten Besetzung. Ganz im Zentrum steht für mich die herausragende Brigitte Helm, die hier gleich zwei Rollen als Maria die Erlöserin und Maria die böse Androidin spielt. Sie schafft es auch durch (mehr oder weniger) subtile Gestik und Mimik immer ganz genau aufzuzeigen, wann wir den Roboter und wann wir die echte Maria sehen. Der Roboter ist einfach wild und überzeugt durch coole Tanzeinlagen, während die echte Maria eher ruhig ist bzw. mit großen erschreckt aufgerissenen Augen glänzt. Wirklich eine herausragende Leistung. Nicht umsonst bekam sie die Hauptrolle für den Film „Der blaue Engel“ angeboten (sie lehnte ab und Marlene Dietrich wurde besetzt).
Auch Rudolf Klein-Rogge als Erfinder Rotwang sticht für mich deutlich heraus. Immer wenn er zu sehen ist zieht er die Blicke förmlich auf sich und nimmt das Bild gefangen. Bin eh immer wieder erstaunt wie Stummfilmschauspieler:innen Emotionen ganz ohne Worte und Ton vermitteln können und Klein-Rogge ist darin definitiv ein Meister.
Die restlichen Schauspieler:innen sind auch nicht schlecht, bleiben aber im Vergleich zu diesen beiden eher blass. Gustav Fröhlich als Freder ist solide und zeigt auch Emotionalität, bekommt aber weniger starke Szenen als Klein-Rogge und Helm.
Fazit zu „Metropolis“:
Visuell beeindruckt der Film tatsächlich immer noch wie vor knapp 100 Jahren und auch die schauspielerischen Leistungen sind immer noch umwerfend gut (zumindest von Helm und Klein-Rogge). Eine große Bedeutung für nachfolgende Filme kann diesem Klassiker des SciFi-Genres definitiv auch nicht abgesprochen werden, denn so Meilensteine wie „2001: Odyssee im Weltraum„, „Blade Runner“ und „A.I. Künstliche Intelligenz“ schauten sich viel von diesem Film ab bzw. ließen sich inspirieren. Der Film ist außerdem Zeuge für eine Zeit in der deutsche Filme noch Maßstäbe setzen konnten und weltweit Bekanntheit erlangten. Dies gelingt heutigen deutschen Produktionen nur noch selten.
Was haltet ihr von „Metropolis“? Meisterwerk oder Schund?
TRAILER: ©Warner Bros.
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MADDIN – Filmkritiker
Schon als Kind bin ich von Star Wars begeistert. Mein erster bewusst wahrgenommener Kinobesuch ist die Sichtung von Star Wars Episode I und mein 9-jähriges Ich war hellauf begeistert. Noch heute hat dieser Film einen großen Platz in meinem Herzen. Generell mag ich insbesondere SciFi-Filme und Fantasy (Herr der Ringe). Seit 2021 mache ich Letterboxd unsicher und seitdem hat sich mein Filmgeschmack auf alle möglichen Genres ausgedehnt. Sogar an Horrorfilme traue ich mich vermehrt heran.
Pressestimmen zu „Metropolis“:
Benjamin Moldenhauer vom Spiegel
Bis auf wenige Leerstellen ist „Metropolis“ damit wieder nahezu komplett. Zu sehen sind in gewisser Weise tatsächlich zwei Filme – ein ideologisch fragwürdiges Zeitdokument sowie eine, mit Buñuel gesprochen, „begeisternde Symphonie der Bewegung“.
Andreas R. Becker von Filmstarts
In der Tat – „Metropolis“ ist ein Märchen, ein düsteres. Mit seinem wohl bekanntesten Film inszenierte der von seinem New York Aufenthalt inspirierte Fritz Lang ein auch im Jahre 2005 noch visuell beeindruckendes, sozialkritisches, unterhaltsames, spannendes und komplexes Epos. Als inhaltlich und technisch wegweisendes Urbild des Science-Fiction-Films lassen sich hier unzählige Elemente aus bekannten Werken des Genres wiederentdecken.
Tom Schünemann von Filmsucht.org
Im Zusammenspiel mit dem empathischen Auftreten von Gustav Fröhlich (der eigentlich als Statist verpflichtet und dann unverhofft zum Hauptdarsteller befördert wurde), der fantastischen Brigitte Helm in ihrer Mehrfachrolle und der visuellen Opulenz sorgt Fritz Langs Meilenstein noch heute für ein lebendiges Stummfilmerlebnis, wenn auch aufgrund der inhaltlichen Abstriche nicht in der Qualität von Langs überragendem Epos Dr. Mabuse, der Spieler.
Thorsten Funke von Critic.de
Ungeliebt oder nicht – es ist ohne Zweifel ein Erlebnis, Metropolis heute wieder auf einer großen Leinwand zu sehen, am besten mit Orchester. Die neu eingespielte Original-Filmmusik von Gottfried Huppertz, ein die Handlung mit raffinierter Leitmotivtechnik unterstützendes, emotional aufwiegelndes Klanggewebe, trägt entscheidend dazu bei.
Pressematerial: Metropolis | 1927 ©Warner Bros. / Studiocanal Home Entertainment
7 Kommentare
Schöne Kritik. Man lernt auch nie aus, gerade beim Thema Film. Wusste nicht, dass es ursprünglich um den Gegensatz zwischen Wissenschaft und Okkultismus gehen sollte, danke dafür. Würde sagen, Fritz Lang traf die richtige Entscheidung diese Szenen zu streichen. Weil eben die sozialen Verwerfungen jene Zeit und vor allem auch der Konflikt zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten mit der Weimarer Republik in der Mitte, auch weitaus relevanter zu der Zeit war. Ein Erfolg, bei Publikum und Kritikern war der Film zu jener Zeit nicht. Auch da war Metropolis wahrscheinlich Vorreiter, dass ein erfolgloser Film später zum Meisterwerk und Kultklassiker wird. Ich selbst kenne nur die restaurierte fast zweieinhalb Stunden Fassung.
Da hast du Recht @klaathu Hab das nicht so deutlich geschrieben, wollte aber auch nicht suggerieren, dass der zu seiner Zeit als Meisterwerk gesehen wurde. War sehr gemischt damals, da vor allem das Ende schon ein wenig komisch den Konflikt auflöst. Nah am Puls der Zeit, aber mit ein wenig merkwürdigen Lösungsansätzen.
Das mit dem Okkulten hat sich Lang einfach nicht getraut. War ihm dann wohl zu religiös aufgeladen. Man sieht das noch ein bisschen hervorblitzen bei den ganzen Pentagrammen in Rotwangs Labor.
@maddin809:
Das Ende ist vielleicht auch Fritz Langs verhaltener Optimismus geschuldet der eben auch zeigen wollte wie einfach es sein kann. Rückblickend betrachtet sicherlich ein wenig naiv.
Was mich aber generell immer wieder am Kino der 20er Jahre fasziniert, sei es bei Lang, Buster Keaton, Chaplin, Dsiga Wertow, ist wie innovativ und mutig zum Teil waren. Da kann sich das heutige Kino oftmals ein Beispiel nehmen. Metropolis hat auch nicht um sonst Generationen von Filmschaffenden inspiriert.
Der Film hat mich genauso fasziniert. Und hier noch ein interessantes Detail: Selbst bei der Länge der Tage wurde mit zweierlei Maß gemessen. Für die Oberschicht hatte der Tag 24 Stunden, für die Arbeiter dagegen nur 20 (und diese arbeiten in 10-Stunden-Schichten).
Stimmt. Hab mich schon gewundert, warum es Uhren mit 24 Stunden und 10 Stunden gibt im Film. 🙈
@blaupause7
Ein Meilenstein der Filmgeschichte in mehreren Bereichen. Visuell, Trick etc..
Japp @wortman
Selten hat Deutschland solche bedeutenden Filme hervorgebracht