One Battle After Another – Filmkritik

Das Bild ist das Titelbild zur "One Battle After Another" Filmkritik

Paul Thomas Anderson liefert mit seinem neuesten Film One Battle After Another also den besten Film des Jahres! Zumindest hieß es so in den Einspielern zum Film. Auch Kritiker:innen loben den Film des Kaliforniers in den höchsten Tönen, zusätzlich hat sich One Battle After Another zum Publikumsliebling 2025 etabliert. Eine schwarze Komödie, die deklariert politisch zu sein, verpackt in einen Thriller mit Star Ensemble. Seit dem 25 September 2025 läuft der Streifen auch in den deutschen Kinos und somit habe ich das Lichtspielhaus Kinopolis in Landshut aufgesucht, um mir selbst ein Bild von diesem „Meisterwerk“ zu machen. Ob One Battle After Another hält, was er verspricht, könnt ihr nun in den folgenden Zeilen lesen.

Ein Beitrag von: Riley Dieu Armstark

Worum geht es in One Battle After Another?

One Battle After Another (2025) ist ein düsterer Thriller, der sechzehn Jahre nach einem spektakulären Gefängnisausbruch beginnt. In der Wüstenstadt Baktan Cross lebt Bob Ferguson (Leonardo DiCaprio), ein ehemaliger Aktivist, der sich von der Welt zurückgezogen hat und unter dem Radar bleibt. Doch als Colonel Steven J. Lockjaw (Sean Penn), ein fanatischer Milizionär mit dunkler Vergangenheit, wieder auftaucht, wird Bob in einen Strudel aus Gewalt, Loyalität und alten Schuldfragen gezogen. Unterstützt von Deandra (Regina Hall), Profidia (Teyana Taylor) und Sensei Sergio (Benicio del Toro) muss Bob sich nicht nur seinen Feinden stellen, sondern auch den Geistern seiner Vergangenheit.

Epische Bilder und packende Nähe: Michael Baumans Blick in One Battle After Another

One Battle After Another ist lose an dem, im Jahr 1990 erschienen Roman Vineland von Thomas Pynchon inspiriert. Darin steht ein ehemaliger Angehöriger einer linksradikalen Anti-Regierungsgruppe im Fokus, der und seine Tochter ebenfalls, von rassistischen Soldaten gejagt wird. Andersons Film erhielt bisher überschwängliches Lob und One Battle After Another zählt inzwischen auch zu seiner bisher kommerziellsten und gegenwärtigsten Regiearbeit. Der Film ist die erste Produktion seit über 60 Jahren, die in ausgewählten Kinos wieder auf echten, analogen VistaVision-Kopien gezeigt wird.

Handwerklich kann sich One Battle After Another auch nichts vorwerfen. Kameramann Michael Bauman, der mit Paul Thomas Anderson bereits an dem Film Licorice Pizza zusammen arbeitete, liefert hier großartige Bilder. Weite Wüstenlandschaften, langsame, schwebende Tracking-Shots über Hügel und Straßen vermitteln nicht nur epische Weiten, sondern auch das Gefühl von Einsamkeit und Gefahr. Die Handheld-Kamera, die oft mit schnellen Schwenks eingesetzt wird, unterstreicht die Panik der Figuren und transferiert ein hektisches oder gehetztes Gefühl an das Publikum. Als Pendant liefert Bauman auch statische Einstellungen und Nahaufnahmen, die Nähe zu den Figuren vermittelt und ihre Emotionen und inneren Konflikte einfängt. Somit ist die Kamera in One Battle After Another nicht nur dekorativ, sondern wird auch deutlich als Erzähl- und Stilmittel eingesetzt, ähnlich wie Ridley Scott es in Thelma & Louise tat. Oder Quentin Tarantino in Death Proof – Todsicher.

Ein Ensemble der Extraklasse: Die Schauspieler:innen in One Battle After Another

Das Bild zeigt Willa Ferguson-Beverly Hills (gespielt von Chase Infiniti) im Film "One Battle After Another"
Das Bild zeigt einen irritierten Ghetto Pat hinter eine Glasscheibe
Das Bild zeigt die Aktivistin Perfidia Beverly Hills (gespielt von Teyana Taylor) an einem Münztelefon
Das Bild zeigt die Perfidia Beverly Hills (gespielt von Teyana Taylor) schwer bewaffnet im Film "One Battle After Another"
Das Bild zeigt Benicio del Toro als Sergio St. Carlos alias Sensei Sergio im Film "One Battle After Another"

Neben der großartigen Kameraarbeit, kann sich auch das Schauspiel Ensemble sehen lassen. Mit Leonardo DiCaprio, Sean Penn und Benicio del Toro hat sich Paul Thomas Anderson A-Liga Schauspieler ins Boot geholt. Leonardo DiCaprio spielt gewohnt nuanciert. Sein Charakter, für dessen Ausarbeitung er er sich von Jeff Bridges als „Dude“ in The Big Lebowski inspirieren hat lassen, ist vielschichtig angelegt. DiCaprio kann in jeder Minute glänzen, sei es in den ernsten Phasen der Revolution, in der Unsicherheit und Angst um das eigene Kind und schlussendlich in der Entschlossenheit, alles für dieses zu geben. Er kann das Publikum mit seiner Darbietung auch am ehesten abholen, denn DiCaprio lässt es zu, dass man zu „Ghetto Pat“ eine Beziehung aufbauen kann. Der Charakter wirkt in One Battle After Another nicht nur am facettenreichsten, sondern auch am menschlichsten.

Sean Penn spielt gewohnt souverän und emotional sehr reduziert, was für den Charakter sehr passend ist. Man spürt die gewisse Selbstbeherrschung, die Col. Steven J. Lockjaw aufrecht erhalten will, während innerlich alles in ihm brodelt. Das Herzstück des Films jedoch ist Benicio del Toro, der reichlich Sympathiepunkte einfährt. Hervorragend umgesetzt ist die Inszenierung der Diskriminierung von Migrant:innen, die hier zwar realitätsgetreu, jedoch mit satirischer Überhöhung präsentiert wird. Ich würde mir allerdings wünschen, dass Filmschaffende, Untertitel einbringen, wenn in US-Filmen spanisch gesprochen wird. Es häuft sich und es ist gut. Allerdings reicht mein Spanisch nicht über hola, gracias und de nada hinaus.

Chase Infiniti liefert mit One Battle After Another ihr Kinodebüt ab. Für die Rolle hatte Regisseur Anderson zuvor landesweit nach einer Schauspielerin mit gymnastischer oder kampfsportlicher Erfahrung gesucht. Er bezeichnete ihren Charakter als „Herz“ und „Zentrum“ des Films und Chase Infiniti kann diese Rolle auch mit Bravour durch den Film tragen.

Jonny Greenwoods experimentelle Klaviermusik

Der Soundtrack, den Jonny Greenwood von Radiohead beisteuerte, ist experimentell, harmoniert jedoch mit jeder Szene. Anderson und er hatten bereits in There Will Be Blood zusammen gearbeitet. Greenwood setzte hier speziell auf Klaviermusik, die mal leise und mal lautere Töne anschlägt. Dies untermauert gekonnt die Dramatik der Szene oder hebt die Gefühlswelt der Charaktere hervor. Ein einzigartiges Gimmick, das dem Film, neben der großartigen Kameraarbeit, einen sehr kunstvollen Touch verleiht.

Stil über Substanz: Die Schwächen von Andersons neuem Film

Das Bild zeigt die Perfidia Beverly Hills (gespielt von Teyana Taylor) mit einem Maschinengewehr im Film "One Battle After Another"
Ghetto Pat (Leonardo DiCaprio) bei seiner Königsdisziplin: Sprengsätze bauen
Das Bild zeigt Ghetto Pat (Leonardo DiCaprio) auf der Suche nach seiner Tochter
Willa Ferguson-Beverly Hills (Chase Infiniti) sucht nach einem Fluchtweg
Das Bild zeigt Leonardo DiCaprio im Auto sitzend, als Ghetto Pat in "One Battle After Another"
Person mit schwarzer Lederjacke. Der Hintergrund ist unscharf, Fokus liegt auf der Jacke und dem coolen, selbstbewussten Look. Text im Bild wirbt für Herbstmode mit 20 % Rabatt auf ausgewählte Styles – Motto: „Sweater Weather? Lieber Leather Weather“.

Ein toller Look, ein fantastisches Ensemble und experimentelle Filmmusik können allerdings kein schwaches Drehbuch ausgleichen. Vor allem erwartet man, dass bei einer stattlichen Lauflänge von 162 Minuten mehr Inhalt geboten wird. One Battle After Another braucht enorm viel Anlauf, um mal richtig Fahrt aufzunehmen. Der erste Akt verstrickt sich in eher belanglosen Szenen, die den Aktivismus der legendären, linksradikalen Widerstandsgruppe namens „French 75“ aufzeigt. Neben der Befreiung von Migrant:innen aus einem Lager, Einsatz für Schwangerschaftsabbrüche und den Kampf gegen die Finanzoligarchie, wird dies nunmehr im Schnelldurchlauf abgespult. Im Fokus steht Perfidia Beverly Hills (gespielt von Teyana Taylor), die in ihrer Form die Linksradikalität sehr überspitzt darstellt, sich jedoch dem Feind hingibt und ihre eigenen Prinzipien verrät. Statt der Figur jedoch mehr Tiefe zu verleihen, stellt Paul Thomas Anderson sie als Lustobjekt hin, was meiner Meinung nach eher problematisch ist.

Auf den Widerstand wird auch viel zu wenig eingegangen, als zusehende Person spürt man nicht, ob die Gruppe etwas damit erreicht hat oder nicht. Warum entscheidet man sich für so eine enorme Lauflänge eines Films, wenn man an Inhalt reichlich spart?

Cooler Look statt Tiefgang: Warum One Battle After Another nur stellenweise funktioniert

Im zweiten Akt kommt endlich etwas Fahrt auf und sorgt Stellenweise auch für gewisse Situationskomik. Dies ist besonders Leonardo DiCaprio zu verdanken, der hier in seinem Charakter richtig aufblüht. Aber auch Benicio del Toro kommt hier zum Einsatz und füllt den Streifen mit Leben. Die Chemie, die die beiden Darsteller miteinander haben ist on Point und das Publikum findet schnell Zugang zu den Figuren. Hier beginnt das Herzstück des Films, die Vater-Tochter-Bindung wird ausgearbeitet, kommt allerdings wenig zum Tragen. Grundsätzlich fehlt es den meisten Figuren an Zeit, sich zu entfalten. Was auch bedauerlich bei dieser Laufzeit ist. Selbst wenn es DiCaprio und del Toro gelingt, ihren Charakteren das gewisse Etwas zu verleihen und ihre Sympathie an das Publikum auszuspielen, bleiben die meisten Figuren eher flach. Überwiegend sind die meisten Entscheidungen, die die Charaktere treffen schwer nachvollziehbar.

Es erwirkt den Eindruck, dass Paul Thomas Anderson grundsätzlich eher einen „coolen“, statt einen wirklich aussagekräftigen Film machen wollte. Dies beweisen Szenen, die im Grunde plakativ, jedoch wenig effektiv wirken. Wie ein Kloster voller Frauen, die Schießübungen betreiben, davon jedoch keinen Gebrauch machen, als es darauf ankommt. Ebenso ballert Perfidia Beverly Hills einfach mal so hochschwanger mit einem Maschinengewehr durch die Gegend. Für die Story ist dies weniger tragend oder in irgend einer Weise relevant.

Schwache Narrative & wenig Biss: Anderson scheint seinen eigenen Fokus nicht ganz gefunden zu haben

Das Bild zeigt Leonardo DiCaprio als Ghetto Pat mit einem Scharfschützengewehr im Film "One Battle After Another"
Das Bild zeigt Leonardo DiCaprio (links) und Regisseur Paul Thomas Anderson beim Dreh zu "One Battle After Another"
Auf dem Bild ist Chase Infiniti als Willa Ferguson-Beverly Hills im Karate Dress zu sehen
Das Bild zeigt Leonardo DiCaprio als Ghetto Pat an einem Münztelefon im Film "One Battle After Another"
Das Bild zeigt Sean Penn in seiner Rolle als Col. Steven J. Lockjaw
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Möglicherweise ist es Absicht oder Paul Thomas Anderson verlor beim Schreiben des Drehbuchs, in welche Richtung er mit seinem Film One Battle After Another eigentlich gehen will. Beworben als Thriller und schwarzer Komödie, kann der Film nicht so richtig in ein Genre gegliedert werden. Das Lachen blieb mir persönlich oft im Hals stecken oder ich fand nichts davon so richtig komisch. Auch will der Film nicht politisch sein, spricht jedoch einige wichtige und aktuelle Themen an. Hier greift die schwarze Komödie, da alles so überspitzt dargestellt ist, dass es witzig erscheinen sollte, was es in der Realität natürlich nicht ist. Der Film ist auch kein richtiger Gegenschlag, gegen Donald Trump, dafür wirkt er auch einfach zu oberflächlich.

Wirklich gelungen ist die Verfolgungsjagd, die nicht nur außerordentlich gefilmt ist, sondern auch als einziger Part im Film für reichlich Spannung und Nervenkitzel sorgt. Ansonsten bleibt One Battle After Another eher stumpf und wenig innovativ. Die Story bietet einiges an Potential, was anhand der sperrigen Narrative jedoch verloren geht. Der Film wirkt eher wie ein hektischer Trubel, als dass er wirklich intensiv etwas erzählen will. Viele Themen werden angerissen und bleiben dennoch oberflächlich. Es wirkt bitter, dass ein Film, der im ersten Akt so wichtig und tatsächlich politisch erscheint, in einen belanglosen Plot abdriftet, der nur darauf abzielt ein Geheimnis zu eliminieren und dadurch ein Katz- und Mausspiel entsteht. Das hätte man auch reichlich kürzer und kompakter erzählen können. One Battle After Another wirkt im Prinzip so, als hätte Paul Thomas Anderson bei seinem eigenen Drehbuch den Fokus verloren.

Fazit zu One Battle After Another

One Battle After Another, dessen Titel sich auf ein Zitat von Ghetto Pat bezieht, beeindruckt vor allem handwerklich. Die Kameraarbeit von Michael Bauman ist episch, das Schauspielensemble um Leonardo DiCaprio, Benicio del Toro und Sean Penn stark und Jonny Greenwoods experimentelle Musik verleiht dem Film einen kunstvollen Touch. Dennoch kann all das das schwache Drehbuch und die überlange, fragmentarische Narrative nicht ausgleichen. Viele Figuren bleiben flach, zentrale Themen werden nur oberflächlich behandelt, und der Film verliert sich zwischen Thriller, schwarzer Komödie und politischem Kommentar. Trotz einzelner gelungener Szenen wie der Verfolgungsjagd oder DiCaprios Nuancenreichtum wirkt One Battle After Another insgesamt unausgegoren – ein technisch brillanter, aber erzählerisch unbefriedigender Film.

Werdet ihr euch One Battle After Another ansehen?


TRAILER: © Warner Bros.

Das Bild listet den Cast und die Crew zum Film "One Battle After Another"
Kinopolis Landshut

Ein stilvoll gekleideter Mann im Stil der 1940er Jahre trägt einen dunklen Fedora-Hut und einen dreiteiligen Anzug mit Krawatte. Sein Gesichtsausdruck ist ernst und geheimnisvoll, mit einem Schatten, der teilweise über seine Augen fällt. Die Farbgebung des Bildes ist in einem warmen Sepia-Ton gehalten, was den Eindruck eines klassischen Film-Noir-Porträts verstärkt.

 

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Weitere Meinungen zu One Battle After Another aus der Redaktion




Pressestimmen zu One Battle After Another

Sebastian Gerdshikow von Going to the Movies
Ich wollte „One Battle After Another“ wirklich mögen, aber ich war am Ende einfach sehr froh, dass der Film wieder vorbei war. Ich verstehe schon, dass das alles ne Parodie sein sollte, aber dafür hätte ich irgendwie mehr gebraucht. Mich freut’s für alle, die dem Film so viel abgewinnen können, in diesem Fall bin ich da leider raus… 5 von 10 Punkten.

Philippe Paturel von Cinema Forever
„One Battle After Another“ käme dem Titel eines Meisterwerks deutlich näher, wenn nicht die angesprochenen Schwächen im Weg stünden. Unterm Strich bleibt ein gelungener, kurzweiliger Genremix, der mit fortschreitender Laufzeit immer mehr begeistert. 6 von 8 Sternen.

Oliver Armknecht von film-rezensionen.de
In „One Battle After Another“ wird ein abgehalfterter, paranoider Ex-Revolutionär von seiner Vergangenheit eingeholt – und seine Tochter gleich mit. Die starbesetzte Mischung aus Action, Komödie und Thriller macht immer wieder richtig viel Spaß, wenn es betont verrückt wird. Spannend ist der Film jedoch weniger, da er zu überdreht ist. Inhaltlich wäre da auch mehr drin gewesen, wenn die Revolution zwar Grundlage ist, sich aber niemand für sie interessiert. 8 von 10 Punkte.

Bastian G. von Filmfutter
„There Will Be Blood“ bleibt Paul Thomas Andersons großes Meisterwerk, doch „One Battle After Another“ schließt sich diesem direkt an. Ein explosiver und manchmal urkomischer Molotow-Cocktail für die ganz große Leinwand, der am Ende hoffentlich viele Menschen im Kino zusammenführt und danach zivilisiert diskutieren lässt. Ohne Zynismus und mit viel Herz zeigt der Film, dass Akzeptanz nicht von der Herkunft abhängt. 5 von 5 Sterne.

Pressematerial: One Battle After Another | 2025 © Warner Bros.

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5 Kommentare

  1. Sehr schöne Kritik. Ich sehe es inhaltlich allerdings ein wenig anders, obwohl wir da auch Übereinstimmungen haben, aber ich werte es anders. Die Laufzeit habe ich tatsächlich nicht gemerkt, weil er durch die Inszenierung ein hohes Erzähltempo hat. Die Charaktere hätten sicherlich noch etwas ausgefeilter und komplexer gestaltet werden können, aber ich bin froh das er es gelassen hat. Denn für das was er erzählen wollte und wie er es erzählen wollte hat es gereicht und meistens scheitert auch der Versuch Figuren eine aufgesetzte Komplexität zu verleihen, auch Paul Thomas Anderson ist daran schon gescheitert. Das macht einen Film oft nur langatmig.
    Die Frage ist es ein politischer Film oder nicht, stimme ich dir im Wesentlich zu. Es ist relativ Oberflächlich. Dennoch ist es der wohl politischste Film seit Jahren. Weil er zumindest mal ein wenig Haltung zeigt. Auch wenn mich die Idee des faschistischen Geheimbundes zum Teil geärgert hat. Das wurde dann in die New World Order-Verschwörungserzählung geschoben, wobei die Rechtsextremen bei weitem nicht geheim sind. Das Projekt 2025 der MAGA-Bewegung, was den Umbau der Demokratie zu einem autoritären Staat beschreibt, ist öffentlich. Die Remigrationspläne der AfD waren lange vor dem Geheimtreffen in Berlin bekannt. Da hätte ich mir tatsächlich mehr Haltung gewünscht. Aber insgesamt war der Film schon deutlicher als die meisten anderen.
    Mich hat der Film am Ende großartig unterhalten und ich hatte meinen Spaß, das sollte auch der Sinn des Films sein und das ist auch schon mehr als ich von den meisten Unterhaltungsfilmen mittlerweile erwarte.
    Er wäre wahrscheinlich auch mein persönlicher Film des Jahres gewesen, wenn ich nicht letzte Woche einen anderen Film aus diesem Jahr gesehen hätte, der den klar verdrängt.
    Aber nochmal, deine Kritikpunkte verstehe ich absolut, kann ich nachvollziehen.

    1. Vielen Dank für dein Feedback @klaathu
      Das mit der MAGA-Bewegung wusste ich noch nicht. Ich blende das meiste, was mit Politik aktuell zu tun hat, aus. Mir macht das zu viel Angst, bekomme davon richtig Panik Attacken. Kann das immer nur in kleinen Dosen um mal zu gucken, wie der Stand jetzt ist.

      Ich verfechte einfach Charaktertiefe, ich muss mich da irgendwie einfühlen. Aber ja ich verstehe, dass das auch bremsen kann. Tatsächlich mochte ich bisher keinen Film so wirklich von Paul Thomas Anderson. Meine letzte Hoffnung ist da irgendwie noch „There Will Be Blood“, wobei ich auch Angst habe, dass mir der ebenfalls nicht zusagt.

      Der ganze Faschismus ist total öffentlich, da gibt es keinen Geheimbund mehr. Da hast du recht und das finde ich auch beängstigend. Dass die Leute da vor gar nichts mehr zurück schrecken. Mag sein, dass der Film an vielen Stellen ehrlich und mutig ist, Anderson betont jedoch selbst, dass der Film nicht politisch ist. Mmh, unterhaltsam fand ich ihn auch nur bedingt.

      Welcher Film war das, den du letzte Woche gesehen hast?

      1. @neon_dreamer:

        Anderson hat zum Teil sehr unterschiedliche Filme gemacht, aber wenn man sich einen Film von ihm ansieht, kann man sich darauf verlassen, dass man einen Paul Thomas Anderson Film zu sehen bekommt. „There will be Blood,“ ist meiner Ansicht nach der beste Film von ihm. Der hat Charaktertiefe, da hat er es hingekriegt. Der ist aber ganz anders erzählt, viel langsamer und ruhiger, die ersten 15 Minuten wird auch kein Wort gesprochen. Vielleicht gefällt er dir.

        „Heldin“, ein schweizer Film. Geht um eine ganz normale Schicht einer Krankenpflegerin in einem Krankenhaus. Meine beste Freundin ist Krankenschwester. Sie meinte sie hatte danach das Gefühl von einer Spätschicht zu kommen. Realistischer und authentischer wurde das noch nie gezeigt, meinte sie. Sie sagte auch, es gibt ruhigere und bessere Schichten, aber es geht auch viel schlimmer. Was da gezeigt wird ist eine ziemlich normale Schicht, da ist nichts übertrieben oder überdrametisiert. Mit Leonie Benesch, die unglaublich gut und intensiv ohne große Gesten spielt und mit einer tollen Kamera, die nahe an der Figur ist. So überträgt sich der Stress auf die Zuschauer*innen und ich war fix und fertig. Ein sehr wichtiger, sehr intensiver und großartiger Film. Sollte eigentlich jeder mal sehen.

        1. @klaathu

          Ach ja „Heldin“ hatte @maddin809 auf der Berlinale gesehen und war begeistert. Hab den auch noch auf der Watchlist. Hab viel gutes darüber gehört. Krass, wie das inzwischen im Krankenhaus ist und dass deine Freundin da mit dem Film ein reales Erlebnis hatte.

          „There will be Blood“ hört sich so aber wirklich interessant und gut an. Bin mal gespannt, wann ich dazu komme, den zu gucken.

          1. @neon_dreamer

            „There will be Blood,“ mag ich sehr.

            „Heldin“ lohnt sich auf jeden Fall. Und ja, meine beste Freundin macht ja diesen Beruf, hatte solche Schichten über Jahre hinweg 10 Stunden am Tag. Kenne daher auch einige Geschichten und weiß wie belastend das sein kann. Sie war auch mehrere Jahre auf eine Paliativstation, da schon auch noch einiges gesehen und erlebt. Insofern hatte ich dann auch nochmal einen engeren Bezug zu dem Film. Aber er ist auch sehr gut inszeniert.

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