Wie ein verblasstes Polaroid, das dennoch leuchtet – „Die Farben der Zeit“ erzählt nicht laut, sondern mit Zwischentönen. Diese Kritik lauscht dem Echo und entdeckt darin etwas zutiefst Menschliches.
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Ein Beitrag von: Maddin
Worum geht es in „Die Farben der Zeit“?
„Die Farben der Zeit“ (2025) ist eine französisch-belgische Tragikomödie, die zwei Zeitebenen miteinander verwebt. In der Gegenwart treffen vier entfernte Verwandte – Guy (Vincent Macaigne), Céline (Julia Piaton), Abdel (Zinedine Soualem) und Seb (Abraham Wapler) – in einem verfallenen Landhaus in der Normandie aufeinander, das sie gemeinsam geerbt haben. Bei der Durchsicht alter Dokumente stoßen sie auf Hinweise zum Leben von Adèle (Suzanne Lindon), einer jungen Frau, die 1895 nach Paris aufbrach, um ihre leibliche Mutter Odette (Sara Giraudeau) zu finden. In der Vergangenheit begegnet Adèle dem Fotografen Lucien (Vassili Schneider) und dem Maler Anatole (Paul Kircher), die ihr Leben nachhaltig beeinflussen. Der Film erzählt von familiären Wurzeln, künstlerischer Selbstfindung und der Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart – mit poetischen Bildern und einem Hauch Impressionismus.
Hässliche Moderne gegen zeitlose Vergangenheit

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„Die Farben der Zeit“ beginnt mit einer bezeichnenden Szene: Vor einem riesigen Seerosenbild von Monet findet ein Fotoshooting mit einem Influencer-Model statt. Es wird die Frage gestellt: „Ist auch nicht zu viel vom Gemälde zu sehen?“ Zu viel von einem der schönsten Werke von Monet??? Und der Film schafft es immer wieder diese Widersprüche unserer modernen Welt aufzuzeigen und dagegen die zeitlose künstlerische Ästhetik der Vergangenheit zusetzen. Dabei hebt der Film nicht wortwörtlich den Finger, sondern tut dies mit seinen Bildern.
Ich erinnere mich auch noch an eine Szene in einem neumodischen Hotel indem die zentrale Recherche-Gruppe unterkommt, dessen Lobby einfach so hässlich ist und gleichzeitig eine moderne Ästhetik ausstrahlt. Kurz zuvor zeigt uns der Film das aufstrebende Paris des 19. Jahrhunderts, was im Vergleich dazu viel schöner und zeitloser anmutet.
Das wilde und revolutionäre Paris

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Paris war Ende des 19. Jahrhunderts DIE Weltstadt und der Film weiß sie sehr schön zu inszenieren. Außerdem wird die Stadt immer wieder in Beziehung zum heutigen Paris gesetzt. Sehr prägnant ist da eine Szene als Adèle per Schiff in Paris ankommt und wenig später in der heutigen Zeit ein Läufer genau den gleichen Weg entlang rennt. Diese Übergänge sind immer mit großem Witz und Augenzwinkern gemacht.
Doch auch sonst schafft es der Film immer wieder die schönen Seiten des alten Paris einzufangen. Egal ob eine alte Kneipe, in der auch gesungen wird, oder das nächtliche Paris, bei dem in der Ferne statt dunkler Gaslampen mit Strom erzeugtes, helles Licht in der Innenstadt zu bewundern ist.
Eine Frau auf der Suche nach ihrer Mutter und sich selbst
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Generell finde ich sowohl den modernen Erzählstrang als auch den historischen interessant, wobei aber die Vergangenheit nochmal etwas spannender erzählt ist. Es gibt da deutlich mehr aufregende und im gedächtnisbleibende Momente. Im besonderen ist mir die erste Szene zwischen Adèle und ihrer Mutter im Gedächtnis geblieben, als sie herausfindet, welchem Beruf diese nachgeht. Der Schock und die Trauer in ihrem Gesicht sowie die Rührung im Gesicht der Mutter sind bewegend.
Auch Adèles Einfahrt in Paris bleibt im Gedächtnis. Vorher gibt es vor allem ländlich geprägte Landschaften zu sehen. Wie groß ist da der Unterschied zur pulsierenden Pariser Metropole!
Nachdem Adèle ihre Mutter gefunden hat, begibt sie sich auch auf der Suche nach ihrem Vater und begegnet dabei einigen berühmten Fotografen und Malern der Stadt. Und ich sage mal so: Claude Monet spielt auch eine wichtige Rolle.
Toxische Beziehung in der Moderne
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In der modernen Erzählung des Films steht vor allem Seb im Zentrum, der in einer toxischen Beziehung mit schon erwähntem Influencer-Model steckt. Dabei hat er sogar eine komplett andersartige Sängerin an der Hand, mit der er zusammen ein Musikvideo dreht. Die anderen Figuren der zentralen Vierergruppe spielen eine deutlich kleinere Rolle und sind auch eher aus Sebs Sicht erzählt. Dieser Handlungsstrang ist ok und bietet auch einige ganz nette Lacher. Groß emotional bekommt er mich aber erst am Ende, als Seb gesteht, dass er nie eine richtige Familie hatte, dies aber durch diese neue Gruppe aber nun gegeben sei.
Einer der besten Momente ist auch, wenn Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen, als Seb und die anderen auf einen drogeninduzierten Trip in die Vergangenheit gehen. Dabei besuchen sie eine Ausstellung der Impressionisten in Paris und es wird etwas handgreiflich, als die Kritiker des 19. Jahrhunderts die Bilder nicht zu würdigen wissen.
Bemerkenswerte Bilder und Ausstattung
Hier und da ist zwar das CGI sichtbar, aber trotzdem hat der Film einige sehr schöne Bilder zu bieten. Diese aber vor allem in der Vergangenheit. Die Zukunft wird oft als Gegenbild dazu inszeniert. Als laut, hässlich, zu verspielt, eben: nicht zeitlos.
So beeindrucken auch die diversen sehr schick gestalteten Kostüme. Gerade auch bei den opulenten Kleidern der Frauen. Hier insbesondere die von Odette und ihrer Tochter Adèle aufgetragenen Kleider. Auch ein opulentes Restaurant weiß zu beeindrucken. Aber generell ist das alte Paris mit seinen verwinkelten Gässchen faszinierend inszeniert.
Fazit zu „Die Farben der Zeit“
„Die Farben der Zeit“ ist ein faszinierender Zeitreisefilm, der die Atmosphäre der Vergangenheit sehr geschickt einfängt. Opulente Bilder und Kostüme, herausragende Schauspielleistungen, tolle Bildsprache, eine Prise Humor und eine interessante Geschichte machen dies zu einem sehenswerten französischen Comedy-Drama.
Aus diesem Grund gebe ich sehr gute 7,5 von 10 Monet-Rosen.
Werdet ihr euch „Die Farben der Zeit“ im Kino ansehen?
TRAILER: © StudioCanal | Ce Qui Me Meut | France 2 Cinéma | ARTHAUS

MADDIN – Filmkritiker
Schon als Kind bin ich von Star Wars begeistert. Mein erster bewusst wahrgenommener Kinobesuch ist die Sichtung von Star Wars Episode I und mein 9-jähriges Ich war hellauf begeistert. Noch heute hat dieser Film einen großen Platz in meinem Herzen. Generell mag ich insbesondere SciFi-Filme und Fantasy (Herr der Ringe). Seit 2021 mache ich Letterboxd unsicher und seitdem hat sich mein Filmgeschmack auf alle möglichen Genres ausgedehnt. Sogar an Horrorfilme traue ich mich vermehrt heran.
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Pressestimmen zu „Die Farben der Zeit“:
Gerhard Midding von epd film
Er hat einen konservativen Film gedreht, nicht nur im Sinne des Bewahrens eines Erbes. Der Fortschritt steht hier durchaus unter Generalverdacht. Aber Klapisch, dessen erzählerisches Harmoniebedürfnis reich an Vorzügen sein kann, konterkariert dies mit einer Schaulust, die weniger nostalgisch als dynamisch ist. Er hat Freude an den Spiegelreflexen der Epochen – aber vor allem an der Neugier und dem einnehmenden Gemeinsinn seiner Charaktere. 3 von 5 Sternen.
Axel Timo Purr von artechock.de
Und dann ist es schließlich fast so wie im amerikanischen Kino der Gegenwart: in einer Welt, in der auf Politik kein Verlass mehr ist, bleibt am Ende nur die Familie, auf die man noch zählen kann und die man, wie die Helden in Klapischs so berührendem wie klugem Film, erst einmal neu lernen muss, ganz so wie eine vergessene Sprache. 4.5 von 10 Punkten.
Pamela Jahn von Kunst+Film
In Paris, so will der Film glauben machen, sei alles möglich. Klapisch filmt die Stadt als charmante Traumfabrik, in der Gegenwart und Vergangenheit oft nahtlos ineinander übergehen. Das elegante Wechselspiel zwischen den Epochen entwickelt dabei eine spannende, tänzerische Dynamik. Aus heutiger Sicht mögen die Straßen des Paris im Fin de siècle ruhig und entspannt erscheinen, aber im Film blickt Adèle nach ihrer Ankunft skeptisch auf die ungewohnte Hektik, die sie umgibt. 4 von 6 Sternen (annehmbar)
Eine RiMa Koproduktion | Pressematerial: Die Farben der Zeit | 2025 © StudioCanal | Ce Qui Me Meut | France 2 Cinéma | ARTHAUS














