Riefenstahl – Filmkritik

Riefenstahl – Filmkritik

Seit dem 31. Oktober 2024 läuft Andres Veiels „Riefenstahl“ in den deutschen Kinos. Das Kinopolis Landshut hat den Dokumentarfilm nun auch im Programm und wir haben uns ein Bild davon gemacht. Lest in den folgenden Zeilen, ob sich ein Gang ins Kino lohnt.

Ein Beitrag von: Riley Dieu Armstark

Worum geht es in „Riefenstahl“?

„Riefenstahl“ ist ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2024, inszeniert von Regisseur Andres Veiel und produziert von Sandra Maischberger. Der Film berichtet über die Filmregisseurin Leni Riefenstahl.

Der Dokumentarfilm „Riefenstahl“ feierte seine Premiere am 29. August 2024 bei den 81. Filmfestspielen in Venedig. Der Majestic Filmverleih bringt den Film am 31. Oktober 2024 in die deutschen Kinos.

Als Regisseurin schuf sie ikonographische Bilder. Ihre ideologische Nähe zum NS-Regime hat sie nach dem Zweiten Weltkrieg stets zu leugnen versucht. Leni Reifenstahl hat nur eine Darstellung ihrer Biografie zugelassen: ihre eigene. Der Nachlass einer der umstrittensten Frauen des 20. Jahrhunderts erzählt etwas anderes.

Wer war Leni Riefenstahl?

Das Bild zeigt Leni Riefenstahls Gesicht in Nahaufnahme. Sie hat ihre Hand vor dem Mund und wirkt nachdenklich
Riefenstahl | 2024 ©Majestic Filmverleih

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Leni Riefenstahl (1902–2003) war eine deutsche Filmregisseurin, Schauspielerin, Tänzerin und Fotografin, die vor allem für ihre Arbeit während der NS-Zeit bekannt ist. Sie gilt als eine der umstrittensten Figuren der Filmgeschichte, da sie sowohl für ihre technischen Innovationen im Kino als auch für ihre Nähe zum nationalsozialistischen Regime berüchtigt ist.

Riefenstahl: Auf dem Bild ist die junge Leni Riefenstahl abgebildet
Riefenstahl | 2024 ©Majestic Filmverleih

Riefenstahl begann ihre Laufbahn als Tänzerin und Schauspielerin und spielte in den 1920er Jahren in einer Reihe von Bergfilmen von Arnold Fanck mit, darunter „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ aus dem Jahr 1929. Bei „Das blaue Licht – Eine Berglegende aus den Dolomiten„, der 1932 erschien führte sie erstmals Regie, einem mystischen Film, der ihren künstlerischen Stil prägte.

Während der NS-Zeit arbeitete sie eng mit Adolf Hitler zusammen und schuf die Propagandafilme „Triumph des Willens“ (1935), der den Reichsparteitag 1934 in Nürnberg dokumentiert, und „Olympia“ (1938), ein Film über die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Beide Werke gelten filmtechnisch als Meisterwerke, werden jedoch wegen ihrer Verherrlichung des NS-Regimes stark kritisiert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie wegen ihrer Verbindungen zum NS-Regime mehrfach verhört, aber nie verurteilt. Ihre Karriere als Filmemacherin war jedoch praktisch beendet. Später in den 1970er Jahren widmete sie sich der Fotografie und dokumentierte unter anderem die Nuba-Stämme im Sudan. Mit über 70 Jahren begann sie zudem, Unterwasserfotografie zu betreiben.

Kontroversen:

Riefenstahl bestritt ihr Leben lang, eine überzeugte Nationalsozialistin gewesen zu sein, und behauptete, ihre Filme seien rein dokumentarisch und nicht propagandistisch. Dennoch bleibt ihre Arbeit ein Beispiel für die Macht und Gefahr der Propaganda im Film. Trotz ihrer umstrittenen Rolle wird ihr Einfluss auf die Filmtechnik – etwa durch innovative Kamerawinkel, Schnitttechniken und die Inszenierung von Massen – bis heute anerkannt.

Andres Veiels „Riefenstahl“ zeigt erstmals nie veröffentlichtes Material

Leni Riefenstahl starb am 8. September 2003 in Pöcking. Nun hat man in ihrem Nachlass einige Dokumente, Filme und Fotographien gefunden, die erstmals veröffentlicht wurden. Darauf bezieht sich Andres Veiel in seinem Dokumentarfilm „Riefenstahl“ und beleuchtet die gut erhaltenen Materialien sehr intensiv. Zusätzlich bekommt das Publikum Fernsehauftritte und ungesehenes Schnittmaterial zu sehen, das eine Persönlichkeit zeigt, die unkontrolliert und herrisch war. Besonders in einem Interviewausschnitt, der bisher nie die Öffentlichkeit erreicht hatte, sieht man, wie Leni Riefenstahl ungehalten Beschimpfungen auf einen Journalisten los lässt. Sie scheint eine recht unsympathische Person gewesen zu sein.

„Riefenstahl“: Dokumentation die Vorwissen braucht

Ich persönlich habe mich vorher noch nicht eingängig mit Leni Riefenstahl auseinander gesetzt. Der Name war bekannt, der Zusammenhang mit Propagandafilmen irgendwie auch und da war ja noch was mit dem Nationalsozialismus. Genau aus diesem Grund liebe ich Biopics und solche Dokumentationen, denn sie zeigen mir visuell, was ich über eine Person, die es wirklich gab, bisher nicht wusste. Ich muss nicht lesen oder recherchieren, ich sehe mir die Dokumentation an und weiß mehr. Zumindest hatte ich diese Erwartung an „Riefenstahl“. Mit Biopics ist es ja immer schwierig, da dort oft noch fantasievolle Details hinzugefügt werden oder gar irgendwas romantisiert wird. Bei einer Dokumentation ist das nicht der Fall, denn hier zählen die Fakten.

Daher hatte ich ganz besonderes Interesse an „Riefenstahl“ gehegt und war froh, den Film doch noch im Kinopolis Landshut sehen zu dürfen. Danke dafür.
Nun ist es jedoch so, dass „Riefenstahl“ wohl wenig geeignet ist für Menschen, die sich bisher gar nicht mit Leni Riefenstahl auseinander gesetzt haben.

Riefenstahl: Auf dem Bild ist Leni Riefenstahl mit der Hand vor ihrem Gesicht. Das Bild ist ein Ausschnitt eines Filmstreifens
Auf dem Bild ist ein Dokument zu sehen, das Leni Riefenstahl als "Mitläuferin" und "Sympathisantin" der NS gruppiert
Riefenstahl: Das Bild zeigt Leni Riefenstahl, Josef Goebbles und Adolf Hitler in einem Waldstück stehend
Auf dem Bildt ist Leni Riefenstahl an einer Kamera neben einem Kameramann. Auf der linken Seite stehen NS Männer, die den Hitlergruß machen

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„Riefenstahl“: Zwischen Kunst und Propaganda

Wie bereits erwähnt zeigt Andres Veiel viel Bildmaterial, das man aus dem Nachlass der Filmschaffenden erhalten hatte. Zusätzlich bekommt das Publikum Interviewausschnitte und Telefonaufnahmen. Veiel geht auch stellenweise auf die Filme von Riefenstahl ein, zeigt daraus Aufnahmen und Erklärungen der Hintergründe. Auch Riefenstahl und Adolf Hitler wird thematisiert, wenn gleich nur sehr oberflächlich. Allgemein ist vieles an „Riefenstahl“ eher oberflächlich gehalten. Auch die Hintergründe um Willy Zielke sind nur angerissen. Stattdessen verliert sich die Dokumentation in langen Bildern und Filmausschnitten.

Da die Dokumentation mit der Frage an Leni Riefenstahl beginnt, wie sie in Erinnerung gehalten werden möchte, wirkt „Riefenstahl“ auch wie ein Werk, das genau ihren Wunsch entsprechen will. Warum und für was Leni Riefenstahl in Erinnerung gehalten werden will. Während des Schauens war ich immer hin und hergerissen. Einerseits gab es die Aspekte, dass sie diese Propagandafilme machte, eine Verbindung mit Joseph Goebbels hatte und zusätzlich eine lange Freundschaft mit Albert Speer pflegte. Auf der anderen Seite gab es ihre Ausbrüche in Interviews, wie sie klagte und beteuerte, dass das alles eine Lüge sei.

Sie war doch nur eine Filmschaffende, die einen Auftrag erhielt und diesen so gut es ging ausführte. Schwierig für mich, da ich eben nichts über Leni Riefenstahl wusste und somit hatte ich immer wieder den Gedanken, sie ist ja nur eine Filmschaffende und anscheinend machte sie auch gar keine so schlechte Arbeit. Besonders die Kameraeinstellungen von „Triumph des Willens“ und ihrem Film „Olympia“ die man teilweise als Ausschnitte in der Dokumentation sah, konnten mich beeindrucken. Daher stellte ich mir die Frage, ob sie wohl doch eine große Künstlerin war, die durch ihre Fehlentscheidung Propagandafilme für die Nazis zu drehen, verkannt war.

Die hässliche Fassade einer Künstlerin

Das Bild zeigt Fotografien von Leni Riefenstahl
Riefenstahl | 2024 ©Majestic Filmverleih

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Wenn ich mit solchen Gedanken aus einer Dokumentation heraus gehe und völlig hin- und hergerissen bin, ist das nicht gut. Vor allem weil ich teilweise Mitgefühl für Leni Riefenstahl empfand, da sie es im weiteren Verlauf ihrer Karriere sehr schwer hatte und dabei doch nur Filme machen wollte. So wie sie es immer betonte. Sie sei eine Künstlerin, sie habe Kunst produziert. Ich konnte das nicht auf mich beruhen lassen und ging in die Recherche. Auf Arte entdeckte ich eine Dokumentation, die aufschlussreicher war und mir die Augen über diese Person Leni Riefenstahl öffnete. Ein Aspekt, den Andres Veiel mit seiner Dokumentation „Riefenstahl“ leider nicht geschafft hat.

Wie bereits erwähnt wird in der Dokumentation das Thema um Willy Zielke nur kurz angerissen. Auch sei Leni Riefenstahl nie die große Künstlerin gewesen, die sie zu sagen pflegte. Im Grunde hatte sie sich die Ideen von Willy Zielke geholt und sich von anderen Künstler:innen inspirieren lassen. Sich inspirieren zu lassen ist legitim, jedoch hat sich Leni Riefenstahl wohl einiges für ihre Filme von anderen zusammen geklaut. Angefangen bei den Werken von Willy Zielke, den sie durch die Hand der NS buchstäblich ins Aus schießen ließ, da sie in ihm eine große Konkurrenz sah. Leni Riefenstahl hat sich ebenso an vielen Werken anderer bereichert, seien es Filmausschnitte, Fotografien, Ideen oder gar ganze Filme. Bei „Das blaue Licht – Eine Berglegende aus den Dolomiten“ hatte sie tatsächlich nur die Regieassistenz übernommen und den wahren Regisseur Béla Balázs untergraben. Alles mit Hilfe der NS.

Mehrere Aussagen, die sie tätigte und auch ihr Fotoband über das Volk der Nuba im Sudan weisen immer wieder die Faszination des Nationalsozialismus, den sie offenkundig hegte, auf. Andres Veiel zeigte dieses Bild zwar in seiner Dokumentation, jedoch hatte ich immer wieder das Gefühl, er würde es entkräften wollen. Kurz darauf folgte immer eine Rechtfertigung Riefenstahls und oftmals so plausibel, dass ich es ihr fast glaubte.

Fazit zu „Riefenstahl“

Die Dokumentation „Riefenstahl“ geht für mich nicht genug ins Detail um genau zu erfassen welche Person Leni Riefenstahl war. Auch die fehlende Chronologie des Films macht es dem Publikum schwer, den Faden zu halten. Ebenso werden Zusehende hin- und hergerissen zwischen Mitgefühl für Leni und Hass über ihre Taten. Der Film von Andres Veiel ist mehr eine Bilderreihe und eine Sammlung von Interviewmaterialien. Viel Inhalt bietet die Dokumentation leider nicht. Zwar positioniert sich der Regisseur am Ende doch noch gegen Riefenstahl, im Verlauf des Films ist dies jedoch unklar. Möglicherweise wollte er seinem Publikum jedoch auch die Wahl lassen, wie es Riefenstahl sieht. War sie die Künstlerin, die sich in einer von Männer dominierten Branche durchgesetzt hatte? Oder eine skrupellose Frau, die um jeden Preis Karriere machen wollte, egal welche Opfer dafür nötig waren?

Meine Empfehlung ist die Dokumentation auf Arte „Leni Riefenstahl – Das Ende eines Mythos„, die weitaus aufschlussreicher ist.

Werdet ihr euch den Dokumentarfilm „Riefenstahl“ ansehen?


TRAILER: ©Majestic Filmverleih

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Kinopolis Landshut

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RILEY – Chief Editor
Ich blogge seit dem 14. Dezember 2014 auf passion-of-arts.de. Schon in meiner Jugend schrieb ich viele Gedichte und Kurzgeschichten. Seit ca. 14 Jahren widme ich mich professionell Filmrezensionen und war Guest Writer bei der Filmblogseite „We eat Movies“. Außerdem verfasste ich einige Artikel für das 35 MM Retro-Filmmagazin. Ich sterbe für Musik und gehe liebend gerne ins Kino, außer in 3D. TV ist überbewertet, ich gucke lieber DVD, Streaming oder Bluray. Meine Lieblingsfilme sind unter anderem „Titanic“, „Herr der Ringe“ und „Back to the Future“.

Passion of Arts

 

Pressestimmen zu „Riefenstahl“:

Rouven Linnarz von film-rezensionen.de
„Riefenstahl“ ist eine Dokumentation über die umstrittene Filmemacherin. Andres Veiel verbindet eine Fülle an Material zum Porträt einer Person, die ihre eigene Lebenslüge und Propaganda als das Narrativ ihrer Biografie akzeptierte und davon nicht mehr abwich. Der Film ist aktueller denn je, bieten sich doch Verbindungen zu Narrativen heutiger Politiker oder anderer Persönlichkeiten an, die offensichtliche Unwahrheiten als wahrhaftig verkaufen und keinen Widerspruch dabei dulden. 9 von 10 Punkte.

Jannek Suhr von epd-film
RAF, Rechtsextremismus, zuletzt das schwierige Werk von Joseph Beuys: Andres Veiel ist ein ebenso furchtloser wie kluger Dokumentarfilmer. Jetzt hat er sich mit einer der umstrittensten Figuren der jüngeren deutschen Kulturgeschichte beschäftigt. 4 von 5 Sterne.

Moritz Holfelder von NDR
Riefenstahl dekonstruiert sich selbst. Ziel des Films von Andres Veiel und Produzentin Sandra Maischberger ist es auch, das Schicksal Riefenstahls exemplarisch in die Gegenwart zu holen, eben zu zeigen, wie sich bis heute die Riefenstahl’sche Gesinnung hält und rechtsnationale Bestrebungen wieder Konjunktur haben.

Britta Schmeis von Szene Hamburg
„Riefenstahl“ ist eine aufwendig recherchierte wie schockierende Dokumentation über die NS-Propaganda-Regisseurin, die beängstigende Parallelen zu heute aufzeigt.

Björn Becher von Filmstarts
Fazit: Andres Veiel hat mit „Riefenstahl“ einen wichtigen und sehenswerten Dokumentarfilm gedreht, der das umfangreiche Archiv der legendären Propaganda-Regisseurin der Nazis nutzt, um das von ihr selbst geschaffene Opfer-Bild geradezurücken. Mehr Fokus – vor allem auf die Kernaussagen – hätte „Riefenstahl“ aber nicht geschadet. 3,5 von 5 Sternen

Axel Timo Purr und Rüdiger Suchsland von arteschock
Andres Veiel gelingt es in seiner Dokumentation über Leni Riefenstahl tatsächlich zu überraschen und dabei virtuos mit Ambivalenzen zu spielen.

Maria Engler von Cineman
Insgesamt ist «Riefenstahl» ein beeindruckender Film, der deutliche Brücken in die Gegenwart und aktuelle politische Entwicklungen wie Fake News, dem Erstarken der Rechten und dem Diffamieren der Presse schlägt. Die offene Form, die starke Sprunghaftigkeit sowie einige Längen nehmen dem Film allerdings etwas die Spannung, oft wird bereits Gesehenes wiederholt und spannenden Fragen nicht nachgegangen. Trotzdem bleibt «Riefenstahl» ein sehenswerter Film, der zur weiteren Recherche über das Leben und das Bild von Leni Riefenstahl anregt. 3 von 5 Sterne.

Ute Thon von Critic
Von der süßen Tanzmaus zur toughen Filmemacherin, die im Olympiastadion 50 Kameramänner dirigierte: Für seine Dokumentation über „Hitlers Regisseurin“ hatte Andres Veiel Zugang zu einem riesigen Privatarchiv. Die Recherchearbeit erfolgte aber scheinbar mit Scheuklappen.

Pressematerial: Riefenstahl | 2024 ©Majestic Filmverleih

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