Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes – Filmkritik

Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes

Ich melde mich zurück aus meinem Festival-Koma und bin endlich motiviert, mich zwanglos und eskapistisch wieder dem Blockbuster-Kino zu widmen. Den Anfang macht meine Filmkritik zu “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes”

Für die dreimonatige Date Night haben meine Freundin und ich uns mal wieder entschieden, so wie bei unserem ersten Date das Astor aufzusuchen. Und gemeinsam den neuesten Vertreter der von uns beiden gemochten Tribute von Panem Reihe anzusehen.

Bevor wir aber zu dem Thema kommen, was ich hier eigentlich etwas beleuchten will, sprechen wir zuerst über den Film. Also, worum geht es denn in dem Villain Prequel “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes”?

Inhalt:

Zehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs in Panem absolviert der, heimlich in Armut lebende, 18-jährige Coriolanus Snow, seinen Abschluss an der Akademie des Kapitols. Er ist der Beste seines Jahrgangs und giert nach dem Stipendium. Doch wird ihm das Leben von Dekan Casca Highbottom, Erfinder der Hungerspiele und ehemaliger bester Freund seines Vaters, schwer gemacht. Als nun um die Spiele wieder attraktiver zu werden, den Absolventen jedem ein Attribut als “Schützling” zugewiesen wird, wittert Coriolanus seine Chance, mit seinem Tribut Lucy Gray Baird eine Chance auf das Stipendium zu bekommen. Doch Gefühle, Intrigen und Verrat begleiten seinen Weg zum Verfall einer ehrgeizigen und guten Seele zum Tyrannen, den wir in den vorangegangenen Romanen kennengelernt haben.

Meinung:

Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes: Ein Mann und eine Frau stehen nebeneinander und schauen in die Ferne
Das ungleiche Team: Mentor und Schützling zusammen das erste Mal vor dem Augen der Öffentlichkeit. — Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes | 2023 ©LEONINE Studios

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Wenn ich eine Sache direkt vorwegsagen möchte, dann, dass die Rückkehr nach Panem sich unglaublich vertraut und organisch anfühlt. Sind es ja auch gerade erst 10 Jahre her, dass wir das letzte Mal die Straßen des Capitols sahen. Der Look des Films ist CGI und On Location-Mischmasch, den man mittlerweile so oder so ähnlich überall sieht. Und ist daher meiner Meinung nach nicht der Rede wert. Was aber hier heraussticht, sind genau zwei Dinge: zum einen die Hauptdarsteller im Positiven und das Pacing im Negativen. Doch lasst uns zuerst mal über das Gute sprechen.

Früher war es ja Gang und Gäbe, dass ein Hauptdarsteller das Marketingtool eines Films ist, was im Bereich des Mid-Budget-Films Starpower und ein schmales Budget vereinen konnte. Heute reicht der Name eines Franchise für das Marketing. Und so können auch junge Talente in einem Spin-off oder dem Prequel ihr Können unter Beweis stellen. Neben der, in kürzester Zeit berühmt gewordenen Rachel Zegler (Westside Story, Snow White), die in letzter Zeit sehr in der Kritik stand aufgrund von vielen kontroversen Interviews, wird der Film hauptsächlich durch die Leistung von Neuenddeckung Tom Blyth (Billy the Kid) getragen. Seine Performance macht den Film aus, da es ja auch eben die Geschichte von Coriolanus Snow ist. Doch dazu komme ich gleich noch. Sprechen wir zuerst über die größte Schwäche.

Langsames Pacing in Drei-Akt-Struktur

In der Mitte steht eine junge Frau, die aufgebracht wirkt. Hinter ihr ist eine Menschenenge
Lucy Gray Baird (Rachel Zegler m.), nicht einmal eine richtige Bürgerin von Distrikt 12 soll diese in den Hungerspielen vertreten? — Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes | 2023 ©LEONINE Studios

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Das Pacing von “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes” wirkt irgendwie falsch konstruiert. Der Film teilt sich in 3 Teile und folgt damit der klassischen Drei-Akt-Struktur. Dies macht der Film, um dem Zuschauer klar zu verdeutlichen, dass die Geschichte eine Charaktergetriebe-Geschichte ist. Und die Aktstruktur sich auf den Charakterbogen von Coriolanus Snow bezieht. Leider funktioniert dies nur halb. Da “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes” gleichzeitig versucht, die besagten und Franchise-namensgebenden Hungerspiele genauso zum Climax werden zu lassen.
So haben wir quasi einen Climax in der zweiten Hälfte des zweiten Akts, gefolgt vom Plot Points des Rückschlags. An sich würde diese Aktstruktur funktionieren, wenn wir mehr bei Coriolanus blieben und seine Geschichte wirklich isoliert wahrnehmen würden. Doch durch die Präsenz von Lucy Gray in den Spielen und die Inszenierung der Spiele, wie in den ersten zwei Teilen, wirkt das gesamte Konstrukt der Geschichte unrhythmisch und teilweise in die Länge gezogen.

Regisseur und Executives haben den Sinn des Buches mal wieder nicht begriffen

Das Interessante dabei ist, dass dies nicht nur von mir kommt. Genauso meine Freundin und meine Arbeitskollegin, die eine Woche vorher den Film geschaut hat, haben ohne den direkten Grund zu kennen, das gleiche Gefühl gehabt. Sie beide sagten, der dritte Akt wäre nicht nötig gewesen. Was dazu führt, dass ihre Erwartungshaltung und der Climax im zweiten Akt dem Zuschauer etwas vermittelt, was das Drehbuch aber nicht wollte. Denn dies hat ganz klar die Struktur des Verfalls, des zukünftigen Präsidenten von Panem zu zeigen. Was, wie ich finde, super funktioniert. Die Frage, die ich mir stelle ist, wenn die Drehbuchautoren offensichtlich verstanden haben, was Suzan Collins mit dem Buch bezwecken wollte, warum haben es Regisseur und Executives mal wieder nicht verstanden. Ich will nicht mutmaßen, doch habe ich schon das Gefühl, dass hier von Produzentenseite dieser Climax gefordert wurde.

Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes fehlt der innere Dialog

Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes: Ein Mann in einer roten Anzugjacke gibt einer Frau eine weiße Rose. Sie zupft davon ein Blatt ab
Coriolanus Snow (Tom Blyth l.) ein echter Gentleman versucht seinem Tribut eine Freude zu machen, natürlich mit einer weißen Rose — Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes | 2023 ©LEONINE Studios

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An dieser Stelle muss ich aber nochmal einen Schritt zurückgehen. Denn ich habe mich noch einmal mit jemandem unterhalten, der im Gegensatz zu mir das Buch gelesen hat. Er sagte, dass wie auch schon in den ursprünglichen Filmen, der innere Dialog des Protagonisten hier wieder einmal fehlt. Somit geht viel von dem eigentlichen Konflikt verloren. Dies bestätigt meine Vermutung, dass “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes” wahrscheinlich mit weniger Lucy Gray und mehr Fokus auf Coriolanus Snow seine Reaktionen und seinen Struggle zwischen Gefühlen und Ambitionen am Ende ein deutlich besseres Gesamtkunstwerk geworden wären.

Das berühmte Problem mit der Cash Cow

Aber all das ließ mich doch noch etwas weiter grübeln. Wie viele wohl mitbekommen haben, ist es seit ein paar Jahren, vielleicht sogar schon einem Jahrzehnt, beinahe gängig von bekannten und erfolgreichen Franchises Villain Prequels zu machen. Ich denke, das ist so alles auf die Prequel Trilogy zurückzuführen. Doch erst durch Filme wie “Joker” erst richtig populär geworden. Und da Produzenten in Hollywood nichts mehr Besseres einfällt, als die Geldgeber schlecht hin (Franchises) zu melken, so kommt es nahe wirklich jedem Side-Character eine eigene Serie oder Film zu schenken.
Wer es an dieser Stelle noch nicht verstanden hat, ich meine Disney mit ihrem Content-Wahn auf Disney+. Und der Zerstörung der zwei erfolgreichsten Franchises, die je existierten. Okay, aber das Warum interessiert dabei weniger, denn die Antwort ist und bleibt das liebe Geld. Diese Frage, warum diese Filme aber eben so selten funktionieren und bis auf einzelne Ausnahmen gerade einmal durchschnittlich bis hin zu unterirdisch bei Fans und Kritikern wegkommen.

Fehlende Fallhöhe ist ein enormes Problem von Prequels

Ich denke, das größte Problem dabei ist eines, das Prequels generell haben: Es gibt keine Fallhöhe! Jedem Charakter, den wir kennen, kann nichts passieren, denn er ist ja unversehrt im Originalfilm zu sehen. Wenn, geht es mehr darum, einem Charakter mehr Tiefe oder Mitgefühl zu bringen. Und dafür werden altbewährte Mittel benutzt. Doch wenn ich jetzt als Beispiel an “Cruella” denke, ist ihr Hass gegen die Dalmatiner irgendwie etwas außen vor gelassen.
Der besondere Einzelfall “Joker” funktioniert, eben weil wir so wenig über diesen Charakter wissen. Und alles, was wir wissen, immer noch von dem Psychopathen selbst kommt. Der Ansatz also mal zu ergründen, wo es herkommt, in Anlehnung an Hollywood-Klassiker, das ist frisch und das funktioniert. Umso besorgter bin ich aber bezüglich der im kommenden Jahr erscheinenden Fortsetzung. Nicht, dass ich das Tod Phillips nicht zutraue, ich habe einfach Bedenken aufgrund der Entwicklung, die in Hollywood gerade vor sich geht.

So unterliegt auch “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes” eben genau diesen Problemen. Zum einen interessiert es uns nicht, ob Coriolanus in die Arena gehen muss um … nein, warte! Das wäre ein Spoiler! Zum anderen ist der Grund eh so dämlich, dass ich mir blöd vorkäme, das dazu zu erklären. Denn wir wissen, dass er unversehrt noch ungefähr 67 Jahre überlebt. Bis er bei seiner Hinrichtung vor Lachen an seinem eigenen Blut erstickt. War doch so oder?
Anscheinend ist sich nicht mal das Wiki einig darüber, aber egal. Er hat eine unbesiegbare Plot Armor, somit jucken die Risiken, die er eingeht, nicht. Somit sind auch alle seine Taten im Dritten Akt einfach irrelevant, da wir ja wissen, dass er zum Präsidenten wird. Also ist der gesamte Film eigentlich viel mehr wie ein Fetchquest in einem Open-World-Spiel. Es geht nicht um die Quest, sondern um die Reise, auf die sie uns schickt. Welche Erfahrungen wir erleben, bis wir endlich Brief XY and NPC YX gebracht haben. Und der uns als Boten mit Random Item ABC zur nächsten Person in einer anderen Stadt schickt.

Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes: Auf dem Bild sind ein Mann und eine Frau abgebildet, die Rücken an Rücken stehen und in die Ferne blicken
Coriolanus Snow (Tom Blyth) und Lucy Gray Baird (Rachel Zegler l.) müssen zusammen stehen. Überleben sie den Schrecken der Hungerspiele? — Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes | 2023 ©LEONINE Studios

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Und ich glaube, das ist es, was “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes” am Ende so durchschnittlich macht. Der Film versucht alles zu sein. Eine Villain-Origin-Story, eine Backstory zu den Hungerspielen allgemein, aber gleichzeitig genauso eine Art Soft-Reboot des ersten Teils. Zu guter Letzt eine weitere Möglichkeit, aus einem bekannten Namen Millionen an Dollar in die Taschen der Produzenten zu bringen. Das ist alles sehr nett anzusehen, gerade Distrikt Zwölf, für den der Industriepark Duisburg hier präsentiert werden durfte, funktioniert. Und den dritten Akt für sich gesehen finde ich richtig cool. Ich würde gerne mehr von dem sehen, was in Panem wirklich abgeht. Und weniger Spiele, weniger Capitol und weniger komische Kostüme. Wenn auch letzteres zum Glück etwas milder war als noch in den Vorgängern.

Fazit:

Mein Fazit zu “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes” ist gemischt. Ich finde, es ist ein solider Hollywood-Blockbuster, der eben den typischen Schwächen eines Prequels und einer Buchverfilmung zugrunde liegt. Wiederum aber hat er sehr viel Potenzial, zum Beispiel durch den Hauptdarsteller Tom Blyth. Und ist genau dann am stärksten, wenn er nicht die Formel seiner Vorgänger wie Spotttölpel nachsingt. Eine solide 6 von 10 und für mich eine Empfehlung, mich nachträglich doch nochmal an das Buch zu wagen.

Werdet ihr euch den Film “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes” im Kino ansehen?


TRAILER: ©LEONINE Studios

Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes: Cast

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LENNART – Autor
Seit November 1995 mache ich das Internet unsicher und nachdem ich viel zu früh gesehen habe, wie ein Anwalt von einem Tyrannosaurus-Rex gefressen wurde, ein Feuchtfarmer die Galaxy rettet und ein Waisenjunge erfährt, dass seine Eltern Zauberer waren, seitdem ist es um mich geschehen. Filme sind für mich das Medium Nummer 1, auch wenn ich so gut wie jeder Form von Kunst etwas abgewinnen kann, ist es das bewegte Bild, das mein Herz am meisten eingenommen hat. Abgesehen vom American Football, der mich 22 Jahre begleitet hat und durch Filme wie “Remember the Titans” meine eigenartige Vorliebe für den Sportfilm geweckt hat, weswegen man mich auf Letterboxd nur als den Coach kennt.

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Andere Meinungen zu “Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes”:

epd film
Im dritten und letzten Kapitel des Films wird die Menge der Handlungselemente aber zum Problem. Ein starker erzählerischer Bruch sorgt zuerst für eine Entschleunigung der Handlung, dann wiederum kommt die entscheidende Entwicklung von Snow fast zu überstürzt. Dennoch ist diese Figur definitiv eine, die ihr Prequel verdient.

popculture.me auf Letterboxd
Letztlich kann ich mich anderen Reviews in der Hinsicht anschließen, dass trotz der langen Laufzeit von 157 Minuten ein Zweiteiler wohl besser gewesen wäre. So hat der Film einfach zu wenig Zeit diese Wandlung überzeugend zu erzählen, wenn er vorher auch noch die zehnten Hungerspiele als auslösenden Faktor im Fokus hat.

Maddin auf Letterboxd
This movie had the chance of (finally) explaining the origin and reasons of the Hunger Games in a detailed and decent manner, but fails.
It is an enjoyable movie nevertheless.

WHYSOFURIOUS auf Letterboxd
Dieser Film ist gleichzeitig zu kurz für das was er eigentlich erzählen möchte und doch zu lang für das was er tatsächlich erzählt.
Eine Romanadaption darf sich außerdem gerne auch als etwas eigenständiges begreifen statt lieblos die Vorlage herunterzufilmen.

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