Das Kinopolis bringt in seinem „Best of Cinema“ Spezial, alte Filme erneut auf die Leinwand. Diese Woche machten „Thelma & Louise“ einen Trip zurück ins Kino und wir ließen uns diese Reise nicht entgehen. Mehr dazu in der heutigen Filmkritik. 🚘🧳
„Thelma & Louise“ ist so ein Film, der immer wieder rezitiert wurde und dem ich niemals meine Beachtung schenkte. Zwei Frauen, die einen Roadtrip machen, hörte sich für mich einfach nie spannend an. Also dauerte es geschlagene 33 Jahre, bis ich mich endlich dazu anstupste, „Thelma & Louise“ zu sehen und das auch noch im Kino.
Ein Beitrag von: Riley Dieu Armstark
Worum geht es in „Thelma & Louise“?
„Thelma & Louise“ ist ein ikonisches Roadmovie mit Thriller Elementen aus dem Jahr 1991. Inszeniert von Ridley Scott und geschrieben von Callie Khouri. In den beiden Hauptrollen sind Susan Sarandon und Geena Davis zu sehen.
Der Film erzählt die Geschichte zweier Frauen, Thelma und Louise, die sich auf einen Wochenendtrip begeben, um dem Alltag zu entfliehen. Was als harmloser Ausflug beginnt, nimmt eine unerwartete Wendung, als sie in eine gefährliche Situation geraten. In der Folge entwickelt sich ihre Reise zu einer Flucht vor der Justiz, während sie ihre Freundschaft und Selbstbestimmung gegen gesellschaftliche Erwartungen verteidigen.
„Thelma & Louise“: Mehr als nur ein Roadmovie
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Manche Filme sind fürs Kino gemacht. „Thelma & Louise“ gehört definitiv dazu. Der Film ist nicht nur technisch ein kleines Meisterwerk, sondern hat auch inhaltlich unfassbar mehr zu bieten, als der klassische Roadmovie. Die Handlung in Roadmovies ist überwiegend beschränkt auf die kleinen Haltestellen, die die Protagonist:innen während ihrer Reise begehen. Oftmals passieren unerwartete oder komische Dinge, um die Handlung weiter voran zu treiben. Eher belanglose Ereignisse, die eher zur Comedy dienen und die Charaktere in brenzliche Situationen verstricken.
„Thelma & Louise“ hat jedoch einen ganz anderen Ansatz. Was anfänglich wie ein entspannter Trip zweier Frauen, die endlich mal raus kommen und weg von ihren Männern wollen, wirkt, entpuppt sich zu einem wichtigen Bestandteil der Feminismus Bewegung. Sehr fortschrittlich für das Jahr 1991. Das Drehbuch, welches von Callie Khouri stammte, gewann im Jahr 1992 den Oscar für das beste Originaldrehbuch und das zurecht. Zum einen stehen in „Thelma & Louise“ Frauen im Fokus, was besonders in diesem Genre äußerst selten ist. Zusätzlich ist der Film weit weg von Comedy und zeigt emanzipierte Frauen, die sich weiter entwickeln. Besonders die Charakterentwicklung macht den Film zu etwas besonderem, denn beide Frauen finden mehr und mehr zu sich selbst. Thelma Dickinson, großartig gespielt von Geena Davis findet heraus, dass sie weitaus stärker und mutiger ist, als sie denkt. Louise Sawyer, fantastisch durch Susan Sarandon verkörpert, findet einen Weg, um mehr für sich einzustehen.
Meilenstein für feministische Filmkunst!
„Thelma & Louise“ ist allerdings kein Selbstfindungstrip a la „Eat Prey Love„, sondern auch eine Reise in die Welt der Ungerechtigkeit Frauen gegenüber. Für 1991 ein signifikantes und insbesondere auch gegenwärtig noch, relevantes Thema. Auf ihrer Odyssee konfrontieren die beiden Protagonistinnen kontinuierlich Individuen des männlichen Geschlechts, die Frauen wie Objekte, Sexualobjekte oder Besitz betrachten. Thelma und Louise leisten jedoch Widerstand und signalisieren, dass dies inakzeptabel ist. Was Yorgos Lanthimos in seinem Werk „Poor Things“ 2024 erneut auf der Leinwand beschrieb, fasste bereits Ridley Scott in den frühen 90er Jahren auf Film und schlug damit eine Welle in der Frauenbewegung.
Der Film hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Darstellung von Frauen in den Medien gehabt und zählt bis heute als Meilenstein für feministische Filmkunst. Mit den angesprochenen Themen sexuelle Belästigung, Vergewaltigung und die Objektifizierung von Frauen hat Callie Khouri mit ihrem Drehbuch, ein breiteres Publikum für diese Probleme sensibilisiert. Allerdings erhielt das Werk wegen diverser Gewaltdarstellungen auch heftige Kritik. Würde man den Film heute noch einmal drehen, wäre das kein Thema mehr, denn Gewalt in Filmen ist inzwischen viel drastischer dargestellt, als es damals war. Aber das ist ein anderes Thema.
Preisgekröntes Drehbuch mit kleinen Klischees
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Trotzdem hat das Drehbuch auch ein paar Schwächen und spielt auch mit diversen Klischees. Besonders Brad Pitts Charakter ist in „Thelma & Louise“ ein wandelndes Retortenprodukt. Zumindest hat es erst den Anschein. Schlussendlich trägt seine Rolle jedoch zu Thelmas Weiterentwicklung bei, was exorbitant für ihr Charakterbuilding ist. Dennoch muss man sagen, dass das Writing hier etwas unausgegoren erscheint, besonders in Bezug darauf, wie die Figur eingeführt und schlussendlich weiter in die Handlung geschrieben wird. Auch der Schmollmund formende Michael Madsen verfällt zu sehr in die Klischeekiste und soll maßgeblich zur Romantisierung in der Handlung beitragen. Dies scheitert nicht gänzlich, wirkt allerdings auch etwas aufgesetzt und erzwungen.
Insgesamt kann man sagen, dass der Cast jedoch großartiges leistet und die beiden Hauptdarstellerinnen zurecht für die beiden wichtigsten Filmpreise, den Golden Globe und den Oscar nominiert waren.
Der Soundtrack von „Thelma & Louise“ ist Nostalgie pur!
Hans Zimmer stellte für „Thelma & Louise“ einen großartigen Soundtrack zusammen, der aus heutiger Sicht, regelrecht Nostalgie aufkeimen lässt. Neben den Stücken wie Van Morrisons „Wild Night“, gesungen von Martha Reeves und John Hiatts und Mike Porters „Tennessee Plates“, neu vertont mit Charlie Sexton, bekommt das Publikum Rockkracher wie „Badlands“ ebenfalls von Charlie Sexton gesungen, zu hören. Der Soundtrack ist ein Mix aus klassischem Rock, Blues und Country, was die Road-Trip-Thematik des Films unterstreicht.
Visuell ist „Thelma & Louise“ Filmkunst auf höchsten Niveau
Besonders hervorzuheben ist jedoch die Kameraarbeit des britischen Kameramannes Adrian Biddle. Biddle war ein renommierter Kameramann, der für seine Arbeit an Filmen wie „Aliens – Die Rückkehr“ und „V for Vendetta“ bekannt ist. In „Thelma & Louise“ schuf er großartige Panorama- und Landschaftsaufnahmen, die das Publikum zum Staunen bringen. Zusätzlich setzte er eine expressive Farbpalette ein, um die Emotionen der Protagonistinnen zu untermauern. Besonders im letzten Akt, wenn die Frauen durch den orangefarbenen Grand Canyon fahren, ist der Kontrast ihres grünen Autos deutlich. Die Lage spitzt sich zu und die Symbolik der Gefahr in dem Orangeton wirkt immersiv. Das grüne Auto, symbolisiert den sicheren Hafen und letzten Anker in einer ausweglosen Situation.
In den Nahaufnahmen wird die Verbundenheit und Nähe der Figuren deutlich spürbar. Dies lässt zu, dass sich auch das Publikum mit den Charakteren identifizieren kann. Im Pendant dazu, liefert Adrian Biddle weite Landschaften, die das Gefühl von Freiheit charakterisieren. Besonderes hervorzuheben gelten die Szenen im Auto. Die Kamera bewegt sich oft um das Vehicle herum, somit wirken die Einstellungen dynamisch und lebendig. Diese Einstellungen wurden in vielerlei Filmen rezitiert und gilt somit ebenso als Meilenstein der Kamerakunst. Die Kamerabewegungen während der Autofahrt schaffen ein Gefühl von Dynamik und Dringlichkeit, was die Handlung kunstvoll vorantreibt.
Ebenso gelungen ist der Einsatz von Licht und Schatten, wodurch die Stimmungen und die emotionale Tiefe der Szenen betont werden. Adrian Biddle verwendete viel natürliches Licht und Schatten, was dem Film auch visuell eine künstlerische Nuance verleiht.
Fazit zu „Thelma & Louise“
„Thelma & Louise“ kehrt als Teil des „Best of Cinema“ Spezial ins Kinopolis zurück und bietet eine eindringliche Rückkehr in die Welt des feministischen Roadmovies. Mit seiner beeindruckenden visuellen Ästhetik und einer inspirierenden Erzählung über Freiheit, Selbstfindung und feministische Themen hat der Film auch nach über drei Jahrzehnten nichts von seiner Relevanz verloren. Von der ikonischen Kameraarbeit bis hin zum mitreißenden Soundtrack von Hans Zimmer bleibt „Thelma & Louise“ ein zeitloses Meisterwerk, das die Grenzen des klassischen Roadmovie-Genres überschreitet und tiefgründige Diskussionen über Gleichberechtigung und Selbstbestimmung anregt.
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TRAILER: ©Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) | Capelight Pictures
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RILEY – Chief Editor
Ich blogge seit dem 14. Dezember 2014 auf passion-of-arts.de. Schon in meiner Jugend schrieb ich viele Gedichte und Kurzgeschichten. Seit ca. 14 Jahren widme ich mich professionell Filmrezensionen und war Gastschreiber:in bei der Filmblogseite „We eat Movies“. Außerdem verfasste ich einige Artikel für das 35 MM Retro-Filmmagazin. Ich sterbe für Musik und gehe liebend gerne ins Kino, außer in 3D. TV ist überbewertet, ich gucke lieber DVD, Streaming oder Bluray. Meine Lieblingsfilme sind unter anderem „Titanic“, „Herr der Ringe“ und „Back to the Future“.
Pressestimmen zu „Thelma & Louise“:
Oliver Armknecht von film-rezensionen.de
Oft als feministisches Roadmovie bezeichnet erzählt „Thelma & Louise“ die Geschichte zweier Frauen, die sich gegen eine von Männern bestimmte Welt wehren – mit katastrophalen Konsequenzen. Dabei ist es vor allem die Ambivalenz, die den hervorragend besetzten Film auszeichnet, wenn die Grenzen zwischen Opfern und Tätern verschwimmen.
Marc Trappendreher auf Cinema Forever
Ridley Scott schuf 1991 mit Thelma & Louise einen wichtigen populären Film des feministischen Kinos – seine Geschichte um die tiefe Verbundenheit zweier Frauen, die auf der Flucht vor dem Gesetz sind und eine Reihe von Abenteuern erleben, war damals im US-amerikanischen Kino eine neuartige Reflexion über Freiheit und Selbstbestimmung, die in dieser weiblichen Emanzipationsgeschichte abgebildet war. Die starken schauspielerischen Leistungen von Geena Davis und Susan Sarandon trugen dabei maßgeblich zum Erfolg des Films bei.
Pressematerial: Thelma & Louise | 1991 ©Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) | Capelight Pictures