Heute habe ich die Filmkritik zu „The Favourite“ für euch im Gepäck 🧳. Ein intensives und intrigantes Machtspiel unter Frauen.
Inhalt:
„The Favourite“ ist ein historisches Drama aus dem Jahr 2018, das in der frühen Regierungszeit von Königin Anne von Großbritannien spielt. Der Film, unter der Regie von Yorgos Lanthimos, zeichnet ein Porträt von Intrigen und Machtspielen am königlichen Hof.
Die Geschichte konzentriert sich auf drei Hauptfiguren: Königin Anne (Olivia Colman), ihre engste Vertraute Lady Sarah Churchill (Rachel Weisz) und die aufstrebende Dienstmagd Abigail Masham (Emma Stone). Lady Sarah, die Herzogin von Marlborough, hat einen großen Einfluss auf die Königin und nutzt ihre Position, um ihre politischen Ziele zu verfolgen. Sie kontrolliert die Entscheidungen der Königin und beeinflusst sogar die politischen Angelegenheiten des Landes.
Als Abigail, eine entfernte Verwandte von Lady Sarah, am Hof ankommt, erkennt sie schnell die Machtstruktur und die Vorteile, die mit der Nähe zur Königin einhergehen. Abigail beginnt, Lady Sarah Konkurrenz zu machen, um deren Platz als Favoritin der Königin einzunehmen. Dabei scheut sie keine Mittel und spielt ihre Karten geschickt, um die Gunst der Königin zu gewinnen.
Währenddessen ist Königin Anne von gesundheitlichen Problemen geplagt und leidet unter psychischen Belastungen. Sie sucht in ihrer Einsamkeit nach Trost und Zuneigung und wird von Abigail und Lady Sarah gleichermaßen umworben. Die Rivalität zwischen den beiden Frauen wird immer intensiver, und sie schrecken vor nichts zurück, um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen.
Meinung:
Olivia Colman verfolgt mich gerade unbewusst. Dieses Jahr habe ich sie bereits als Queen Elisabeth II. in der Netflix Serie „The Crown“ gesehen. Im Anschluss hatte sie eine Rolle im Film „The Lobster“, den ich mir dieses Jahr ansah und in der Serie „Fleabag“. Nun hatte ich bei „The Favourite“ erneut das Vergnügen mit Olivia Colman, die meiner Meinung nach eine ganz ausgezeichnete Darstellerin ist. Bereits als Queen Elisabeth II. hat sie mich vollends überzeugt, in „The Favourite“ mimt sie Königin Anne von Großbritannien. Königin Anne galt als eine weniger gebildet und sehr scheue Person. Sie war sich ihres Amtes bewusst, trug jedoch wenig zur Politik bei. Dafür sorgte eher ihre langjährige Freundin Sarah Churchill. Außerdem litt Anne an schweren Gichtanfällen, die sie im Alltag schwer behinderten. In die Geschichte ging sie als „Good Queen Anne“ ein, was besonders ihrem politischen Geschick zu verdanken ist.
Olivia Colman spielt Königin Anne in „The Favourite“ sehr glaubhaft und Detailgetreu, möchte man sagen. Die Gichtanfälle nahm ich ihr ab, ebenso die Depressionen, mit denen die Protagonistin zu Kämpfen hatte. Olivia Colman hat ein unglaubliches Gespür, die Emotionen ihres Filmcharakters nach außen zu projizieren. Zusätzlich vermittelte sie das Gefühl, sich ausgiebig mit Königin Anne beschäftigt zu haben, denn diese Instabilität ihres Charakters, spiegelt enorm, was in den Geschichtsberichten über „The Good Queen Anne“ steht.
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Die Konkurrenzkämpfe in „The Favourite“ auch unter den Darsteller*innen
In „The Favourite“ geht es Hauptsächlich um Konkurrenz. Das ausschlagende Thema sind die beiden Hofdamen Sarah Churchill (Rachel Weisz) und Abigail Masham (Emma Stone), die um die Gunst der Königin kämpfen. Aber auch die Darsteller*innen bieten sich hier einen Konkurrenzkampf, wenn auch unbewusst. Eine spielt besser als die andere oder man möge sagen, sie wiegen gleich auf. Neben Olivia Colman ist es Rachel Weisz, die ihre Rolle mit Bravour meistert und ihrem Charakter eine gewisse Souveränität verleiht. Ebenso geht Emma Stone in ihrer Rolle der Abigail Masham komplett auf. In „The Favourite“ spielen sich, meiner Meinung nach, Schauspielgrößen gegenseitig an die Wand. Das Spiel ist so intensiv, dass man als Zuschauer*in das Gefühl hat, dabei zu sein. Rachel Weisz hat mich in ihren früheren Rollen schon immer begeistern können, hier setzt sie noch eins drauf.
Emma Stone hat sich so langsam hoch gearbeitet. Besonders in „La La Land“ bewies sie ihr darstellerisches Können, in „The Favourite“ legte sie alle Hemmungen ab. Emma Stone wirkt in dem Film im Spiel so frei wie noch nie. Daher ist der Konkurrenzkampf zwischen den Protagonist*innen auch so glaubhaft, weil es wirkt, als hätten die Darsteller*innen alles ausprobieren dürfen, was ihnen zur Verfügung stand. An Handlung, Schauspiel und Dramaturgie.
Nicholas Hoult (About a Boy) wirkt gegen all das ziemlich blass und sogar Mark Gatiss bleibt in „The Favourite“ eher unscheinbar. Somit ist „The Favourite“ auch ein von Frauen dominierter Film, was sehr positiv ist. Immerhin geht es in dem Film um Frauen in Machtpositionen und wie sie diese zur ihrer Gunst nutzen können. Ob es damals wirklich einen solchen Konkurrenzkampf zwischen den Hofdamen gegeben hat, ist unklar, auch sind wir Frauen nicht so gestrickt, dass wir uns gegenseitig so fertig machen. Zumindest kann man nicht alle über einen Kamm scheren. Am Hofe ist damals viel passiert und auch heute noch wird in politischen Belangen alles getan, um ans Ziel zu kommen. Manche gehen sogar über Leichen.
Hier spielt die Musik
Das gute Drehbuch von Deborah Davis und Tony McNamara lässt, wie schon erwähnt, den Darsteller*innen den Freiraum, sich voll zu entfalten. Auch die Kapiteleinteilung wertet den Film auf, und erinnert Christian Horn von Vision Kino an Stanley Kubricks Historiendrama „Barry Lyndon“. Ein Film, den ich definitiv noch nachholen muss. Mir persönlich gefiel die Einteilung in Kapitel auch, diese Art der Erzählstruktur hat mir schon immer gut in Filmen gefallen.
Außerdem ist die Idee mit den Liaison zwischen den Frauen gar nicht so unüberlegt. Zwar sind die Liebschaften nicht bewiesen, könnten jedoch durchaus möglich gewesen sein und sind auch nicht verwerflich. Vor allem bietet sich jedoch der Unterschied an, dass Sarah Churchill wirklich etwas für die Königin empfindet, während Abigail Masham alles nur aus reiner Macht tut. Früher am Hofe ist ja so einiges passiert, nicht nur in der Politik, sondern auch in den Gemächern.
Was mir neben dem Drehbuch und der Darsteller*innen noch besonders an „The Favourite“ gefallen hat, ist der Soundtrack. Dieser ist durchgehend einfach gestrickt und besteht nur aus einem Violine-Ton und einem Klopfen. Aber die Einfachheit macht es, denn diese Töne sind so intensiv, dass sie dem Publikum an den Nerven zerren. Dies steigert jedoch den Anreiz und untermalt das Machtspiel der Protagonist*innen zusätzlich. Denn je angestrengter sie in ihrem Kampf werden, umso mehr steigert sich dieses Empfinden auch bei den Zuschauer*innen. Man merkt förmlich, wie sich die Nerven immer weiter anspannen.
Hin und wieder sind jedoch auch leise und klassische Töne zu vernehmen. Als Fan von klassischer Musik, kann das ohnehin immer bei mir punkten, besonders, wenn sie gut in Szene gesetzt ist.
Ästhetik, die begeistert
Sandy Powell, die bereits mehrere Kostümfilme ausgestattet hat, übernahm auch in „The Favourite“ das Kostümdesign. Bereist in „Cinderella“ haben mir ihre Kleider besonders gefallen und auch in „The Favourite“ kann mich ihr Stil wieder vollends begeistern. Neben den Kostümen ist aber auch Robbie Ryans Kameraarbeit zu bestaunen. Er hat ein unglaubliches Gespür, die Darsteller*innen in Szene zu setzen, ob Nahaufnahme oder Panorama. Der Wechsel von normaler Ansicht zu einer Art Fischglas-Optik verleiht „The Favourite“ etwas künstlerisches, einzigartiges. Es lässt das Publikum auch glauben, die Protagonist*innen sehen alles durch eine Blase, oder ein Rohr und erkennen nicht, was außen herum noch ist. Fest auf das Ziel gerichtet, oder so stur, dass man nicht außen herum blickt. So könnte man es interpretieren.
Auch die Lichtverhältnisse sind großartig ausgearbeitet, außerdem finde ich es spannend, dass die Herren in „The Favourite“ farbenfroher dargestellt sind, als die Damen.
Trotz all dem Großartigen in „The Favourite“, hat der Film auch Schwächen. Das intrigante Spiel der Hofdamen zieht sich irgendwann etwas in die Länge. Somit hätte der Film etwas kürzer als 120 Minuten sein dürfen. Irgendwann im Mittelteil, wirkt die Handlung etwas ermüdend. Die Krankheit von Königin Anne habe ich im Internet recherchieren müssen, da dies im Film nicht benannt wurde. Auch wenn der Film sich künstlerische Freiheit nimmt und nicht exakt historisch korrekt ist, hätte man ein paar Details doch beleuchten können.
Fazit:
„The Favourite“ bietet eine schöne Studie darüber, wie persönliche Eitelkeiten, politische Entscheidungen mitbestimmen. Zudem kann der Film mit seine Ästhetik und seiner künstlerischen Gestaltung begeistern. Tragend sind jedoch ausschließlich die Hauptdarsteller*innen, die sich gegenseitig an die Wand spielen. Ein gutes, jedoch auch etwas langes Machtspiel am Hofe mit einem Soundtrack, der die Nerven des Publikums strapaziert.
Wie hat euch der Film „The Favourite“ gefallen?
TRAILER: © Twentieth Century Fox of Germany GmbH
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RILEY – Chefredakteur*in
Ich blogge seit dem 14. Dezember 2014 auf passion-of-arts.de. Schon in meiner Jugend schrieb ich viele Gedichte und Kurzgeschichten. Seit ca. 12 Jahren widme ich mich professionell Filmrezensionen und war Gastschreiber*in bei der Filmblogseite „We eat Movies“. Außerdem verfasste ich einige Artikel für das 35 MM Retro-Filmmagazin. Ich sterbe für Musik und gehe liebend gerne ins Kino, außer in 3D. TV ist überbewertet, ich gucke lieber DVD, Streaming oder Bluray. Meine Lieblingsfilme sind unter anderem „Titanic“, „Herr der Ringe“ und „Back to the Future“.
Andere Meinungen zu „The Favourite“:
Süddeutsche Zeitung
„The Favourite“ ist der dritte englischsprachige Film, den der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos drehte, alle für die irische Produktionsgesellschaft Element Pictures.
Der Spiegel
Was Lanthimos an dieser Geschichte eigentlich interessiert, wird nicht ganz klar. Die Virtuosität der Dialoge, die drastisch ausgeführten Befreiungen aus dem Korsett des Historienfilms, das Interesse an der Macht böser Frauen, die harten Schnitte zwischen den unerbaulichen Szenerien und der kühle Draufblick auf die Schlechtigkeit der Welt bereiten zwar ein zweistündiges, kurzweiliges Vergnügen.
6 Kommentare
Schöne Kritik. Ich habe den Film damals (vermutlich Ende Januar/Anfang Februar 2019) im Kino gesehen und war vor allem von der gekonnten Überzeichnung begeistert. Meinetwegen hätte der Film auch ein paar Oscars mehr gewinnen dürfen. Und Olivia Coleman performt immer hervorragend. Kürzlich habe ich ihre herrlich gemeine Performance in Staffel 1 von „Fleabag“ entdeckt.
https://www.kino.vieraugen.com/kino/the-favourite/
Danke dir @mwj2
Olivia Colman hab ich auch kürzlich in „Fleabag“ gesehen. Das war auch eine tolle Serie.
In „Fleabag“ ist Olivia Colman wirklich herrlich gemein und liefert neben Phoebe Waller-Bridge die beste Performance.
Oh ja @mwj2 Sie hat mich da oft zur Weißglut gebracht. Die Serie hat mir gut gefallen.
Schön geschriebene Kritik. Ich stimme Dir auch absolut zu. Der Film zieht sich etwas, aber die drei Hauptdarstellerinnen tragen über manche Längen hinweg und im Vergleich zu den drei verblassen die anderen auch ein wenig. Trotz des nicht einfachen Themas, ist es auch Lathimos zugänglichster Film.
Danke @klaathu