Biff 37 – Tag 4 Biopics und Animation

Biff 37 – Tag 4 Biopics und Animation

Da sind wir auch schon beim 4. Tag des Braunschweig International Film Festival angelangt. Diesmal mit den Themen Biopics und Animation. Die gestrige Auszeit hat gut getan, denn heute stand das erste Mal richtig viel auf dem Programm. Vier Langfilme und sechs Kurzfilme schaue ich heute im Rahmen des Braunschweig International Film Festivals.

Den Anfang meines „Biopics und Animation“ Tages machte meine zweite Pressevorführung und den einzigen Vertreter des diesjährigen Hauptwettbewerbs:

Doppelgänger. The Double

Dieser polnische Spionagethriller von Jan Holoubek basiert lose auf wahren Geschehnissen und erzählt die Geschichte eines polnischen Spions, der den Platz eines adoptierten Jungen in der Familie seiner geflohenen Mutter einnimmt. Schnell verführt ihn das Leben hinter dem Eisernen Vorhang, während er sich in der französischen Einwanderungsbehörde hocharbeitet.

Der Film überzeugte mich durch die Stimmung und die gespaltene Erzählweise in den ersten zwei Akten, doch verlor mich dann im letzten Akt ein wenig. Der Look von „Doppelgänger. The Double“ ist authentisch und gerade in den, in Frankreich spielenden Szenen sehr ansehnlich. Dabei überzeugt mich aber der Hauptdarsteller Jakub Gierszał am meisten. Aber auch die Performance von Emily Kusche, die gestern ebenfalls Gast beim Festival war, war großartig. Für mich war das Highlight aber die multilinguale Umsetzung, die, wie ich finde, gerade von Hollywood nicht oft und dazu selten gut umgesetzt wird.

Danach war ich kurz auf einen Kaffee verabredet, bevor ich dann ins LOT Theater ging, um die erste Kurzfilmreihe des „Biopics und Animation“ Tages zu schauen.

Das Leben ist kein Ponyhof

Unter diesem Thema befassten sich die sechs internationalen Kurzfilme hauptsächlich mit den Alltagsproblemen der Jugend. Von Mobbing, über die Beschuldigung, „Jungs“ als schwul zu sein, bis hin zu moralischen Konflikten, die man als Jugendlicher so hat. Und den Konsequenzen, die man zu tragen hat. Dabei stach für mich der iranische Film COLLISION (orig. BARKHORD) von Amirhossein Mohseni hervor, der durch eine unglaubliche Leistung des Jugenddarstellers überzeugt. Die Stunde verging im Flug und nach einem schnellen Abendessen bewegte ich mich zurück ins Astor zum unangefochtenen Highlight des „Biopics und Animation“ Tages.

Zillion

Biopics und Animation: Auf dem Bild steht ein Mann mit einem Megafon auf einem Auto und schreit hinein. Um ihn herum ist eine Menschenmenge, die ihm zujubelt
The Party never stops! — Zillion | 2022 ©FBO

Der Film „Zillion“ erzählt die wahre Geschichte des Entrepreneurs, Steuerhinterziehers, Clubbesitzers und DJs Frank Verstraeten. Und das Erste, was einem da in den Sinn kommt, ist auch genau das, was man bekommt. Eine Wolf-of-Wallstreet-artige Geschichte in der Technoclubszene der belgischen 90er über den legendären namensgebenden Club in Antwerpen.

Das war genau nach meinem Geschmack! Genau so, wie auch „Wolf of Wall Street“ einer meiner liebsten Filme ist! Und ich habe grundsätzlich etwas übrig für Filme, die dermaßen übertreiben, dass man sich hinterher in einen Hasenbau aus Recherche zurückzieht, um „die wahre Geschichte“ zu erfahren. Robin Pront hat hier wirklich eine Glanzleistung abgeliefert, die sich nicht im Geringsten vor ihresgleichen verstecken muss. „Zillion“ setzt nochmal einen drauf! Ein Besuch im Club, die Lichter des Clubs und das schnelle Editing lassen die 2,5 Stunden im Nu vergehen.

Beim Schauen fühlt man sich wie bei einem Clubbesuch und unter Betäubungsmitteleinfluss. Ein cineastischer Drogentrip. Es ist Ekstase auf Film gebannt und unglaublich unterhaltsam. Quasi „Wolf of Wall Street“ auf Drogen! Für mich persönlich hat der Hauptcast insgesamt Lob verdient. Alle bringen eine unglaubliche Leistung, doch mein Highlight war ohne Zweifel Matteo Simoni als der Porno-König Denis. Doch so sehr der Film „Zillion“ seine eigene Geschichte ist, ist er natürlich genauso berechnet, folgt seinen Vorbildern und erfindet das Rad des „kaum zu glauben, dass das so passiert ist“-Biopics nicht neu. Das heißt nicht, dass der Film weniger Spaß macht, sondern dass man hier Innovation eher vergebens sucht.

Noch halb in Ekstase rannte ich dann in den nächsten Saal, mit gerade mal 5 Minuten übrig für eine kurze Insta-Story und einen Besuch auf dem stillen Örtchen, um mich dann auf den Weg zum Mars zu machen.

Mars Express

Biopics und Animation
Animierte Action aus Frankreich — Mars Express | 2023 ©Gebekah Films

„Mars Express“ ist ein französischer Sci-Fi-Animationsfilm, der mit der einfachen Prämisse, wieder gute Sci-Fi-Geschichten erzählen zu wollen, eine Blade Runner-artige Geschichte über Intrigen und Verrat erzählt.

Das Beste an diesem Film war lustigerweise, dass aus Zufall Freunde von mir direkt hinter mir saßen. Und der Austausch nach dem Film, dem ganzen Erlebnis, nochmal gut zuspielte. Denn auch wenn ich gerade ausschweife, ist genau das, was dann vor dem Kino passiert, warum ich dieses Festival so liebe. Der Austausch mit den Freunden, den Bekannten oder Unbekannten, die mit einem diese Unterhaltung und Kunst genießen. Sich gegenseitig auszufragen, Perspektiven wahrzunehmen und grundsätzlich einfach zu socializing, ist für mich sowieso das Beste an solch einem Festival. In einer Zeit, in der wir alle auf unserem Handy Tik Tok-Videos nach oben scrollen und vielleicht mal das ein oder andere Video teilen, ist der Austausch mit Menschen nach 90 Minuten intellektueller Unterhaltung ein harter Kontrast. Aber das ist genau, was solch ein Festival wirklich ausmacht.

Aber zurück zum Film: 

Als nächster Vertreter aus der Reihe „Focus on Animation“ kam das Langfilmdebüt von Jérémie Périn mit einem coolen Art Style um die Ecke. Diese hat ihm auch schon in die diesjährige Auswahl des Cannes Filmfestival gebracht. Ich hatte ein paar Schwierigkeiten, der Handlung zu folgen, wie ich es häufig habe bei französischen Vertonungen. Die Sprache ist unglaublich schnell und ich kam nicht ganz hinterher, die Untertitel zu lesen und zu sehen, was gerade auf der Leinwand passiert. Ihr wisst, ich bin eh kein Fan von Untertiteln, bei Festivals ist es aber der normale „Umgangston“. Dennoch fand ich die Story spannend, sogar etwas zu kurz. In „Mars Express“ waren wirklich coole Konzepte in den 90 Minuten versteckt, die ich gerne noch etwas weiter erforscht hätte. Zum Beispiel die Geschichte unseres weiblichen Detectives, die mit ihrem Partner in der Armee gedient hat und beim Einsatz verstarb. Aber sein Bewusstsein konnte in einen Roboter hochgeladen werden und so wirkt diese Beziehung so menschlich und dennoch so zweiklassig. Mich hat es begeistert und ich würde den Film wirklich gerne nochmal mit einer englischen oder deutschen Vertonung gucken.

Danach habe ich, wie schon erwähnt, die darauf folgende Stunde mit netten Gesprächen vor der Tür des Kinos verbracht, bevor ich mich in den zweiten Animationsfilm des Abends setzte.

Unicorn Wars

Biopics und Animation: Auf dem Bild sind rennende Einhörner abgebildet. Eines davon spießt mit seinem Horn einen Bären mit einem Kriegshelm auf
Wer behauptet das Einhörner freundliche Wesen sind. — Unicorn Wars | 2022 ©Uniko

„Unicorn Wars“ ist ein spanischer Animationsfilm im Stile eines „Happy Tree Friends“, was man allein an der Uhrzeit erkannte, zu der der Film lief. Der Ansager beschrieb den Film mit einem wunderschönen Zitat: „Schwarzer Humor gekleidet in Pink“ und ich fand es sehr zutreffend. Doch konnte mich „Unicorn Wars“, so sehr die Brutalität und der unglaublich stylische Animationsstil auch für den Film sprach, nicht genug abholen. Außerdem hatte ich mehr mit der Müdigkeit zu kämpfen, als mir lieb ist. Ich würde dem Film wirklich gerne noch eine Chance geben. Doch muss ich auch sagen, war die Story, wenn auch absichtlich, so klischeehaft und hat sich bewusst auf die Tropes des Kriegsfilms gestürzt. Somit würde ich behaupten, dass dieser Film einfach nichts für mich war. 

Als ich das Kino verließ, habe ich ein Gespräch aufgeschnappt, das mir erst deutlich machte, wie wenig Aufmerksamkeit ich für den Film übrig hatte. So war eine tiefere Message in „Unicorn Wars“ verstrickt, die ich so leider nicht erkannt habe. Aber auch solche Tage und solche Sichtungen hat man. Filme, die man nachdem man sie gesehen hat, bezweifelt je gesehen zu haben, entweder weil sie so unbeeindruckend waren oder man mit seinem Kopf schon oder noch woanders war.

Der „Biopics und Animation“ Tag ging dann zu Ende und ich wanderte müde durch die dunklen, kalten Straßen der Stadt zu meinem weit entfernten Parkplatz. Ich hoffe morgen entweder genug Schlaf oder genug Koffein zu bekommen, um das Ende dieses Tages nicht nochmal zu wiederholen. Doch steht am Freitag zum Glück nicht ganz so viel an, zudem beenden wir den Tag schaurig; das wird bestimmt eine etwas andere Erfahrung.

Braunschweig International Film Festival

LENNART – Autor
Seit November 1995 mache ich das Internet unsicher und nachdem ich viel zu früh gesehen habe, wie ein Anwalt von einem Tyrannosaurus-Rex gefressen wurde, ein Feuchtfarmer die Galaxy rettet und ein Waisenjunge erfährt, dass seine Eltern Zauberer waren, seitdem ist es um mich geschehen. Filme sind für mich das Medium Nummer 1, auch wenn ich so gut wie jeder Form von Kunst etwas abgewinnen kann, ist es das bewegte Bild, das mein Herz am meisten eingenommen hat. Abgesehen vom American Football, der mich 22 Jahre begleitet hat und durch Filme wie „Remember the Titans“ meine eigenartige Vorliebe für den Sportfilm geweckt hat, weswegen man mich auf Letterboxd nur als den Coach kennt.

Filmkritik: Indiana Jones und das Rad des Schicksals

 

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