We Need to Talk About Kevin
Veröffentlichungsjahr: 2011 | Genres: Drama, Literaturverfilmung, Psychoanalyse
Originaltitel: We Need to Talk About Kevin
Schauspieler: Tilda Swinton, John C. Reilly, Ezra Miller, Jasper Newell, Rock Duer, Ashley Gerasimovich, Siobhan Fallon Hogan, Alex Manette, Kenneth Franklin, Leslie Lyles, Paul Diomede, Michael Campbell
"We Need to Talk About Kevin" ist ein psychologisches Drama, das auf dem gleichnamigen Roman von Lionel Shriver basiert. Der Film, unter der Regie von Lynne Ramsay, erkundet die komplexen Beziehungen innerhalb einer Familie, insbesondere zwischen einer Mutter und ihrem Sohn.
Die Handlung dreht sich um Eva Khatchadourian (Tilda Swinton), die mit den schrecklichen Folgen eines von ihrem Sohn Kevin (Ezra Miller) begangenen Amoklaufs konfrontiert ist. Der Film verwendet eine nicht-lineare Erzählstruktur, die zwischen verschiedenen Zeiten hin- und herwechselt, um die Geschichte von Kevins Kindheit bis hin zu den tragischen Ereignissen in der Gegenwart zu erzählen.
In Rückblenden sehen wir, wie Eva sich als Mutter bemüht, eine Bindung zu Kevin aufzubauen, während sie gleichzeitig von seinen zunehmend beunruhigenden Verhaltensweisen besorgt ist. Kevin zeigt von Kindheit an eine abweisende und manipulative Haltung gegenüber seiner Mutter, die sich im Laufe der Jahre zu offener Feindseligkeit entwickelt.
Der Film stellt die Frage nach der Verantwortung von Eltern für das Verhalten ihrer Kinder und untersucht Themen wie Natur gegenüber Erziehung und die Grenzen elterlicher Liebe. Durch Evas innere Konflikte und die Zerrüttung ihrer Familie entfaltet sich ein fesselndes psychologisches Drama.
Insgesamt ist "We Need to Talk About Kevin" ein intensives und provokatives Drama, das die dunkelsten Abgründe der menschlichen Psyche erforscht und dabei eine tiefgreifende Wirkung hinterlässt.
Ein Kommentar1 Kommentare
„We Need to Talk About Kevin“ führt sein Publikum durch eine umgekehrte Narrative. Der Film beginnt quasi am Ende und arbeitet sich Stück für Stück zum Anfang zurück. Wer sich vorher nicht ausgiebig mit der Thematik von „We Need to Talk About Kevin“ befasst hat und sich, so wie ich, überraschen hat lassen, was auf einen zukommt, erkundet den Film wie einen Fall, der Teil um Teil aufgedeckt wird. „We Need to Talk About Kevin“ analysiert eine Mutter-Sohn-Beziehung und stellt dabei die Fragen, wie viel macht Erziehung der Eltern aus und wie viel davon steckt bereits schon im Charakter des Kindes. Wir sind dabei nur außen stehende Personen, die wie Besucher:innen wirken und nur einen kleinen Anteil wahrnehmen. Zumindest so lange, bis sich das gesamte Konstrukt offenbart.
Lynne Ramsay setzte bei der gleichnamigen Buchverfilmung von Lionel Shriver auf ganz spezielle Effekte. Nicht nur die nicht-lineare Narrative, sondern auch die Farbgebung und Perspektiven, sind speziell. Im Vordergrund dominiert die aggressive Präsenz der Farbe Rot. Sie ist omnipräsent. Zusehenden Personen wird unverzüglich indiziert, dass Gefahr latent im Fokus präsent ist. Seamus McGarvey und Oliver Cary liefern großartige Kameraperspektiven, die eine Intimität mit den Protagonist:innen schafft und gleichzeitig eine Distanz wahrt, da nie offensichtlich ist, was die Personen im Moment denken oder fühlen. Besonders Kevin, der nicht nur von Ezra Miller, sondern auch von Jasper Newell großartig gemimt wird, bleibt ein Rätsel. „We Need to Talk About Kevin“ taucht tief in die Psyche eines Menschen ein, der von klein auf etwas Böses in sich zu tragen scheint, löst diese These jedoch nie konkret auf. Als Pendant dazu stellt der Film die Frage, wie viel die Mutter dazu beigetragen hat, die das Kind offensichtlich gar nicht wollte.
Dennoch bleibt der Film ohne Fingerzeig, sondern hebt lediglich das Thema, sowie die Verhaltensweisen, Außenstehender hervor.
Tilda Swinton beweist erneut, welch großartige Darstellerin sie ist. So gelingt es ihr, die zurückhaltenden Emotionen ihres Charakters ans Publikum zu transferieren. Gleichzeitig können sich Zuschauer:innen in die Verzweiflung der Protagonist:in einfühlen und der ewig stellenden Frage, die sie quält, ob sie daran die Schuld trägt. Swinton verkörpert die Rolle mit einer Intensität und Sensibilität, die das Publikum in den Bann zieht.
Fazit:
„We Need to Talk About Kevin“ entfaltet seine Wirkung durch eine raffinierte narrative Struktur, die das Publikum auf eine Reise durch die Komplexität menschlicher Beziehungen führt. Die Regisseurin Lynne Ramsay setzt dabei auf ausgeklügelte visuelle Effekte, die eine beklemmende Atmosphäre erzeugen.
Der großartige Cast, trägt zur emotionalen Wucht des Films bei. Besonders Tilda Swinton zeigt die innere Zerrissenheit einer Mutter, als auch Ezra Miller vermag es, die ambivalente Natur von Kevin auf subtile und faszinierende Weise zu verkörpern.
„We Need to Talk About Kevin“ ist ein provokatives Werk, das noch lange nachwirkt und eine intensive Auseinandersetzung mit seinen Themen fordert.