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Letztes Jahr in Marienbad
Veröffentlichungsjahr: 1961 | Genres: Drama, Mystery, Romanze , Psychoanalyse
Originaltitel: L\'année dernière à Marienbad
Schauspieler: Delphine Seyrig, Giorgio Albertazzi, Sacha Pitoëff, Françoise Bertin, Luce Garcia-Ville, Héléna Kornel, Françoise Spira, Karin Toche-Mittler, Pierre Barbaud, Wilhelm von Deek
"Der Film Letztes Jahr in Marienbad" (französisch L’Année dernière à Marienbad) ist ein französisch-italienisches Werk aus dem Jahr 1961, inszeniert von Alain Resnais. Das Drehbuch wurde von Alain Robbe-Grillet verfasst. Der in Schwarzweiß gedrehte Film verbindet die Stilmittel des Avantgardefilms mit den Themen des Filmdramas. Es handelt sich um Resnais’ zweiten Versuch, nach "Hiroshima, mon amour", die Struktur des Nouveau Roman filmisch umzusetzen.
Hintergrund
"Letztes Jahr in Marienbad" wurde größtenteils in Deutschland gedreht, nicht im tschechoslowakischen Marienbad. Die Hauptdrehorte waren die Schlösser in Schleißheim und Nymphenburg in München, inklusive der Amalienburg, sowie ein Hotel in Courbevoie bei Paris. Die Kameraarbeit übernahm Sacha Vierny, der bereits für "Hiroshima, mon amour" mit Resnais zusammengearbeitet hatte. Delphine Seyrigs Kostüme wurden von Coco Chanel entworfen, die Filmmusik stammt von ihrem Bruder Francis Seyrig. Unter den Regieassistenten war auch der junge Volker Schlöndorff.
Als Einflüsse auf den Film nannte Resnais G. W. Pabsts Die Büchse der Pandora, Alfred Hitchcocks "Vertigo – Aus dem Reich der Toten" und die Werke von Piero della Francesca. Auch Adolfo Bioy Casares’ Roman Morels Erfindung soll den Film beeinflusst haben, was Drehbuchautor Robbe-Grillet bestätigte. Zudem wurde eine spezielle Variante des Nim-Spiels, die im Film häufig gezeigt wird, später als „Marienbad“ bekannt.
Die französische Premiere fand am 25. Juni 1961 statt, während der Film in Deutschland ab dem 19. Oktober 1961 zu sehen war.
Der Schauplatz der Handlung bleibt unbestimmt. Orte wie Marienbad, Karlstadt, Friedrichsbad oder Baden-Salza – allesamt fiktiv – werden von einer Figur, die im Drehbuch mit X bezeichnet ist, als mögliche Schauplätze genannt. Es wird jedoch angedeutet, dass die gegenwärtigen Ereignisse in einem anderen Salon stattfinden. Die Handlung selbst spielt mit der Wahrnehmung von Zeit und Erinnerung, wobei nie klar wird, ob die gezeigten Szenen der Realität, einem Traum oder einer Erinnerung entstammen.
Analyse
Die Ambivalenz des Films spiegelt sich in den Meinungsverschiedenheiten zwischen Regisseur Resnais und Drehbuchautor Robbe-Grillet wider. Während Resnais glaubte, dass sich die Protagonisten tatsächlich ein Jahr zuvor in Marienbad begegnet sind, sah Robbe-Grillet die Begegnung als eine vom Mann konstruierte Erinnerung. Diese Uneinigkeit zeigt sich in den offenen und teils surrealen Darstellungen des Films.
Eine umstrittene Szene ist die vermeintliche Vergewaltigung der Frau durch den Mann. Im Drehbuch wird diese explizit beschrieben, während Resnais die Handlung nur andeutet. Die Kamera verlässt den Raum, und die Worte des Mannes „Das ist falsch! Es war nicht mit Gewalt“ erklingen aus dem Off.
Der Film wurde als Traumdeutung, psychoanalytisches Modell und als Variante des Orpheus-und-Eurydike-Mythos interpretiert. Kritiker wie Peter Cowie und François Weyergans sahen darin symbolische Erzählungen, die Resnais’ Liebe zu Cocteau und psychoanalytischen Theorien widerspiegeln.
Im Film gibt es zahlreiche Anspielungen, darunter ein Theaterplakat mit der Aufschrift „Rosmer“, das auf Jean Rosmer oder Henrik Ibsens Drama Rosmersholm hinweisen könnte. Zudem zeigt eine Szene ein Porträt Alfred Hitchcocks, dessen Filme wie Vertigo als Inspirationsquelle dienen könnten.
Inhaltsangabe
In einem prunkvollen Schloss begegnet ein Mann einer Frau und behauptet, sie im vergangenen Jahr in Marienbad kennengelernt zu haben. Die Frau bestreitet dies, während der Mann immer wieder Details ihrer vermeintlichen Begegnung schildert. Die Gespräche zwischen ihnen entwickeln sich zu einem verwirrenden Spiel aus Erinnerung, Suggestion und Realität. Im Hintergrund agiert ein weiterer Mann, der als Ehemann oder Begleiter der Frau auftritt. Die Handlung entfaltet sich in einer traumartigen Atmosphäre, die zwischen vergangener und gegenwärtiger Zeit oszilliert. Der Film stellt dabei die Frage, ob Erinnerungen überhaupt real oder nur Konstrukte des Geistes sind.
Trailer ©Arthaus | Cocinor | Terra Film | Cormoran Films
Regie: Alain Resnais
Drehbuch: Alain Robbe-Grillet
Produzent: Pierre Courau, Raymond Froment
Musik: Francis Seyrig
Kamera: Sacha Vierny
Schnitt: Jasmine Chasney, Henri Colpi
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Ein Kommentar1 Kommentare
Auch dieser Film ist ein Meilenstein der Filmgeschichte, was ich sehr gut nachvollziehen kann. Diese außergewöhnliche Umsetzung und Kameraführung hat mir unglaublich gut gefallen. Manche Bilder wirken wie Schwarz-Weiß Fotografien, andere wie ein visuelles Gemälde. Besonders Eindrucksvoll ist die Mischung aus unterschiedlichen Perspektiven. Auf der linken Seite des Bildes steht der Mann vor einem Spiegel, während man im Spiegel den langen Gang erblicken kann, den die Frau gerade entlanggeht. „Letztes Jahr in Marienbad“ ist ein visuelles Meisterwerk und sogar regelrecht ein Kunstwerk. Noch nie habe ich eine solch eindrucksvolle Bildsprache gesehen. Sicherlich haben sich auch hier einige Filmschaffende Ideen für eigene Werke geholt und das zurecht.
Was mit ebenso gefiel war die Dialogkunst des Filmes. Vieles wird im Off gesprochen und wirkt wie reine Poesie, die vorgetragen wird. Stellenweise dachte ich hierbei an Terrence Malicks „Song to Song“, ein Film, der überwiegend mit Off Texten gefüllt ist und meiner Meinung nach einer romantischen Lyrik gleicht.
Auch der Suspense Faktor in „Letztes Jahr in Marienbad“ ist unfassbar gut gelungen. Die Handlung hat mich enorm verwirrt und dennoch begeistert. Selten habe ich eine solche Form von Surrealismus gesehen, der derart künstlerisch ausgearbeitet wurde. Lobenswert sind auch die darstellerischen Leistungen, die Kostüme und die Kulissen. Die meisten Szenen wurden in Deutschland gedreht. Delphine Seyrigs Kostüme wurden von Coco Chanel entworfen und geben dem Charakter eine unglaubliche Eleganz.
Womit ich leider gar nicht klar kam in „Letztes Jahr in Marienbad“ war die Filmmusik, die von Francis Seyrig komponiert wurde. Zwar steigerte sie enorm die beklemmende Stimmung des Films, ich hatte aber zum ersten Mal erlebt, wie mir ein Soundtrack richtig auf den Körper schlug. Stellenweise habe ich versucht den Ton leiser zu machen. Leider verstand ich die Dialoge aber nicht mehr. Kurzzeitig ganz ausmachen ging dann auch nicht. Ich hatte regelrecht Schmerzen davon bekommen, nicht nur in den Ohren, sondern allgemein am Körper. Das machte das Filmerlebnis für mich unerträglich, sodass ich schlussendlich, auf die letzten 10 Minuten des Films verzichtete. Am Ende wurde ich regelrecht aggressiv.
Keine Ahnung ob das mit meiner chronischen Schmerzkrankheit zu tun hat, oder ob der Soundtrack einfach so intensiv ist, dass er auch bei anderen Menschen solche Schmerzen und Gefühle auslöste.
FAZIT ZU „LETZTES JAHR IN MARIENBAD“
„Letztes Jahr in Marienbad“ ist ein visuelles Meistwerk, das zurecht zu den Meilensteinen der Filmgeschichte zählt. Auch Inszenatorisch ist der Film gelungen und kann auf allen Ebenen begeistern. Einzig und allein der Soundtrack machte das Filmvergnügen zu einem Horrortrip. Dennoch ist „Letztes Jahr in Marienbad“ ein Film, den Cineast:innen unbedingt einmal gesehen haben sollten.